DRUCKSPIEGEL-BLOG


von Stefan Breitenfeld

28.06.2022

VDMA, Circular Economy, Nachhaltigkeit

„Langfristige Ziele, gern ambitioniert!“

Frank Eichhorn, Geschäftsführer der Winkler+Dünnebier GmbH, spricht im VDMA-Interview in der Reihe „Circular Competence“ über Ressourceneffizienz und über Kunden auf der Suche nach umweltgerechten – aber dennoch bezahlbaren Produkten und Prozessen. Was kann die Branche dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck von Verpackungen und anderen Druckerzeugnissen zu minimieren?

Laut Vereinten Nationen droht sich der globale Ressourcenbedarf bis 2050 zu verdoppeln. Wie trimmen Sie Ihre Produktion auf mehr Ressourceneffizienz?

Auch wenn die Möglichkeiten im Maschinenbau begrenzt sind, nutzen wir sie konsequent: Bei der Anschaffung neuer Maschinen für unsere Fertigung achten wir auf Energieeffizienz. Wir haben unsere Druckluftsysteme optimiert und deren Verluste minimiert und sortieren wir alle Produktionsabfälle sortenrein. Auch haben wir erste Elektrofahrzeuge in Betrieb genommen. Aktuell diskutieren wir über die Möglichkeiten, mit Photovoltaik in die Eigenversorgung mit erneuerbarem Strom einzusteigen. Aber natürlich ist der Hebel bei den Maschinen, die wir für unsere Kundschaft entwickeln und produzieren, viel größer.

Wie nutzen sie diesen Hebel, damit Ihre Kunden Rohstoffe effizienter nutzen?

Ein wichtiger Ansatz ist die Energieeinsparung mithilfe effizienter Trocknungssysteme und das Minimieren der benötigten Vakuumverbräuche. Wir setzten häufig Vakuumlösungen für den Transport der Endprodukte in unseren Maschinen ein, die wir stetig optimieren. Dies sowohl bei Neumaschinen als auch mit Nachrüstlösungen für Maschinen im Bestand. Mit unseren Servicelösungen bieten wir unseren Kunden an, ihre langlebigen Maschinen auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Mal genügt der Einbau elektronischer Baugruppen. Mal ersetzen wir Schaltschränke. Und zudem bieten wir über unsere Tochter POEM rundum modernisierte Gebrauchtanlagen an. Die verlängerten Standzeiten dienen im Zusammenspiel mit der energetischen Modernisierung dem Ressourcenschutz. Daneben gibt es viele kleine Verbesserungen: So führen wir Briefumschläge, die bislang nach einem Maschinenstopp in der Trocknung festhingen und unbrauchbar wurden, automatisch aus dem Prozess heraus. So bleiben sie verwendbar. Mailings stehen zu Unrecht im Ruf, Ressourcen zu verschwenden. Unsere Maschinen ermöglichen individuell auf Zielgruppen zugeschnittene personalisierbare Mailings anstelle von Massenwurfsendungen oder digitalen E-Mailkampagnen, die mit hohem Energieaufwand einhergehen, aber nachweislich sehr viel geringere Response-Raten erreichen als gezielte Mailings per Post. Auch im Bereich unserer Produktionstechnik für Tissue- und Hygieneartikel heben wir die Effizienzpotenziale – unter anderem durch die Umstellung von Kunststofffolien auf Papier, um Taschentücher oder auch einzeln verpackte Hygieneprodukte zu verpacken. Die Prozesse sind ähnlich wie bei unseren Briefumschlägen. Daneben entwickeln wir robuste, wiederverschließbare Papierbeutel, die im e-Commerce als Alternative zu Kunststoffbeuteln und Kartons einsetzbar sind. Sie stoßen auf reges Interesse bei Kunden, mit denen wir bisher nicht zusammengearbeitet hatten.

Ist die Nachfrage nach ressourceneffizienten Lösungen regulatorisch oder durch mögliche Kosteneinsparungen getrieben?

Die Kosten sind ein wichtiger Hygienefaktor. Sie können die Nachfrage nach energie- und ressourceneffizienten Prozesslösungen erheblich einschränken. Aber offensichtlich steigt der gesellschaftliche Druck und die neuen Regularien im Verpackungsbereich zeigen Wirkung. Die Umstellung von Folie auf Papier wird aber nur bei vergleichbaren Kosten gelingen. Denn die Endverbraucher akzeptieren allenfalls kleinere Kostenaufschläge für einen reduzierten ökologischen Fußabdruck. Deshalb achten unsere Kunden sehr auf die Stückkosten. Wir investieren daher in die Prozessoptimierung und Automation, damit unsere Kunden mit unseren Lösungen kosteneffizient produzieren können. Denn nur auf der Basis effizienter Prozesse werden sich ökologische Produkte auf breiter Front durchsetzen. Ich sehe es als unsere Kernkompetenz, möglichst viele hochgenauen Prozesse inline bei dauerhaft hohen Produktionsgeschwindigkeiten in die Maschine zu integrieren, um minimale Stückkosten für unsere Kunden zu gewährleisten.

Wie verändert dieser Trend Ihre Forschung und Entwicklung?

Wir registrieren seit einiger Zeit, dass unsere Kunden auf der Suche nach umweltgerechteren Lösungen sind und unseren Ideen gegenüber aufgeschlossener sind als früher. Wir sprechen mittlerweile öfter mit Marketingteams, um ihnen Möglichkeiten für ressourceneffizientere Produkte und Verpackungen aufzuzeigen. Wir nehmen eine aktivere Rolle ein und gehen nun auch mit Ideen auf Kunden zu, die noch nicht fertig sind – um diese dann gemeinsam zu entwickeln. Viele Kunden spüren den gesellschaftlichen Druck und möchten auch von selbst nachhaltiger produzieren. Aber sie wissen oft nicht, welche Möglichkeiten es gibt. Deshalb beraten wir sie und zeigen ihnen technologische Optionen auf. Erfreulicherweise ist unser Kundenspektrum dadurch zuletzt breiter geworden.

Was sollten Gesetzgeber unternehmen, um ressourceneffiziente Technologien zu fördern?

Als Maschinenbauer sehen wir in den anstehenden Transformationsprozessen hin zu einer nachhaltigeren Produkt- und Verpackungswelt große Chancen. Allerdings können wir diese mit unseren Kunden nur dann ergreifen, wenn die Politik klare, langfristige Ziele ausgibt. Sie können gerne ambitioniert sein. Aber die Gesetzgeber müssen bei Alledem beachten, dass die Prozessumstellungen in der gesamten Kette von Materialherstellung über das Engineering bis zum Produktdesign Zeit brauchen. Wenn sich plötzlich alle auf Papier stürzen, scheitert diese Umstellung schon an der Verfügbarkeit, ganz zu schweigen vom Preisanstieg. Und wenn die Verpackungsprozesse nicht rundlaufen, weil noch kein industrietaugliches Niveau erreicht ist, dann gibt es umso mehr Abfall in der Prozesskette. Wir brauchen Übergangszeiten, in denen sich die neuen Lösungen und Prozesse einspielen können. Bekommen wir sie, dann ist vieles machbar.

Abbildung: Winkler + Dünnebier

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