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(11.12.2015 / saj)

Gedruckte Elektronik im Aufbruch

Die Lopec, Internationale Fachmesse und Kongress für gedruckte Elektronik, bringt Forscher, Entwickler und Anwender zusammen und findet vom 5. bis 7. April in München statt.

Bereits jetzt verraten zwei Branchenexperten und Mitglieder des Lopec-Boards, was sich im alten Jahr in der organischen und gedruckten Elektronik getan hat, was die Teilnehmer des kommenden Kongresses erwartet und wieso Wearables (Bild) einer der Themenschwerpunkte sein wird. Wolfgang Mildner, Lopec General Chair, ist Inhaber des Beratungs- und Technologieunternehmens MSW, Thibaud Le Séguillon Chair der Business Conference und CEO des Solarfolienherstellers Heliatek:

 

Die Lopec 2016 setzt einen ihrer Themenschwerpunkte auf Wearables. Ist die gedruckte Elektronik in diesem Bereich besonders erfolgreich?
Wolfgang Mildner: Die gedruckte Elektronik hat bereits in viele Branchen Einzug gehalten. Und sie befindet sich weiter im Aufbruch, da passiert gerade eine ganze Menge. Das Trendthema "Wearables" rücken wir stärker in den Mittelpunkt, weil es branchenübergreifend ist. Tragbare Elektronik steckt in Uhren, in Fitnessgeräten, in Kleidung mit Sensoren und in vielen anderen Dingen, die leicht, dünn und biegsam sein müssen. Doch auch andere Themen, wie die Verpackungstechnik. sind nicht aus dem Fokus der Lopec geraten.
Thibaud Le Séguillon: Auch im Medizinsektor besitzt die gedruckte Elektronik enormes Potenzial. Jeder Diabetiker, der einen Tropfen Blut auf den Teststreifen für die Blutzuckermessung gibt, nutzt heute schon gedruckte Elektronik. Und denken Sie an Heiltherapien mit Licht: Wenn Sie sich zukünftig eine Art leuchtendes Pflaster auf die Hüfte kleben, sind wir wieder beim Thema "Wearables".


Was hat sich im alten Jahr in der gedruckten Elektronik getan?
Mildner: Der Trend zu hybriden Lösungen hat sich verstärkt. Man vereint die Vorteile der gedruckten organischen Elektronik mit konventioneller Siliziumtechnik. Polyera z.B. wird auf der Lopec ein Armband präsentieren, das komplett aus einem flexiblen Display besteht. Es zeigt Körperfunktionen an, aber auch klassische Daten wie die Uhrzeit und es ist natürlich mit dem Internet verbunden. Die Sensortechnik ist gedruckte Elektronik, die Prozessoren aber bestehen ganz klassisch aus Silizium.
Le Séguillon: Vielleicht darf ich ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung, aus der organischen Photovoltaik, ergänzen. Wir haben in Singapur eine große Pilotanlage mit gedruckten organischen Solarzellen installiert. Wegen schwerer Waldbrände in Indonesien und des damit verbundenen Rauchs gab es in Singapur keine direkte Sonnenstrahlung. Die klassische Photovoltaik lieferte dort wochenlang keinen Strom, unsere Technik aber funktionierte auch sehr gut mit dem diffusen Licht. Überhaupt zeigt sich mehr und mehr, dass sich die organische und im weiteren Sinn die gedruckte Elektronik nicht hinter der klassischen Siliziumtechnik verstecken muss.


Der Lopec-Kongress unterteilt sich in die Blöcke "Business", "Technik" und "Wissenschaft". Was erwartet die Teilnehmer des Kongresses?
Mildner: Insgesamt stehen wieder rd. 200 Vorträge auf dem Programm, wobei die Plenarvorträge den gemeinsamen Rahmen zu den drei Themenblöcken bilden. Ein Vertreter von Audi wird auf organische Leuchtdioden in der Fahrzeugbeleuchtung eingehen. Ein Vortrag von Adidas über gedruckte Elektronik bei Sportartikeln ist ebenfalls geplant. Gespannt bin ich auch auf den Beitrag von Carta Mundi aus Belgien, einem der weltweit größten Hersteller von Kartenspielen. Dank gedruckter Elektronik könnten Spielkarten interaktiver werden. Wir lassen auch große asiatische Hersteller wie TCL aus China und Sumitomo aus Japan zu Wort kommen. Zudem werden führende Wissenschaftler wie Professor Henning Sirringhaus von der Universität Cambridge, eine Koryphäe auf dem Gebiet der gedruckten Elektronik, über Neuigkeiten aus der Forschung berichten.

 

Herr Le Séguillon, Sie stellen das Programm der Business Conference zusammen. Was ist dort geplant?
Le Séguillon: Über das Netzwerk der OE-A (Organic and Printed Electronics Association) sowie über meine persönlichen Kontakte habe ich CEOs von Unternehmen aus Europa, den USA und Asien angefragt. Das Feedback war überragend, wir haben ein hochkarätiges Programm zusammengestellt, das alle Aspekte der gedruckten Elektronik abdeckt. Ein Vertreter von Schott z.B. wird ultradünnes Glas als Träger für die gedruckte Elektronik vorstellen. Dieses Glas kann man sogar rollen – ideal also für die Herstellung von flexiblen Displays. Wir werden Neues zu organischen Halbleitern hören, z.B. im Vortrag des britischen Unternehmens Smart-Kem, und natürlich lassen wir die Hersteller von Endprodukten zu Wort kommen. Feel-IT aus Israel etwa wird auf "intelligente" Pflaster eingehen. In den Business Sessions werden wir Erfolgsgeschichten vorstellen und uns dabei mit der gesamten Wertschöpfungskette beschäftigen.


Richtet sich der Kongress nur an Fachleute, die sich bereits mit gedruckter Elektronik beschäftigen?
Le Séguillon: Nein, keinesfalls. Die Kombination aus Kongress und Fachmesse bietet allen Interessierten die optimale Chance, sich umfassend zu informieren. Wir werden uns in der Business Conference auch mit Marktvorhersagen beschäftigen. Das ist natürlich in einem aufstrebenden Gebiet wie der gedruckten Elektronik schwierig, aber es gibt einige Leute, die sich damit intensiv befassen und ihre Ansichten schildern werden.
Mildner: Für Unternehmen, die die neue Technologie näher kennenlernen wollen, bieten wir kostenlose Einführungsvorträge und geführte Touren über die Ausstellung an. Es gibt auch viele innovative Start-ups – die müssen ausstellen, die müssen vortragen, und das wollen wir unterstützen.


Wie können Sie solche Unternehmen vom Nutzen der gedruckten Elektronik überzeugen?
Mildner: Das müssen wir gar nicht unbedingt, denn oft ist es so, dass die gedruckte Elektronik einen Markttrend unterstützt. Nehmen Sie das Beispiel "Wearables". Hier kommt die gedruckte Elektronik ins Spiel, weil sie die richtigen Eigenschaften mitbringt. Die Herstellungstechnik, ob gedruckt oder nicht, ist den Unternehmen dabei gar nicht so wichtig. Das gilt auch für die Automobilbranche: Leichte Bauteile, die zudem flexibel sind und den Designern mehr Gestaltungsfreiheit bieten, sind hier spannend wegen der Eigenschaften, nicht wegen der Technologie.