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(06.10.2015 / saj)

Für mehr Flexibilität im Medienwandel aufgestellt

Erstmals präsentierte sich nach Abschluss des Konzernumbaus die aus der Muttergesellschaft Koenig & Bauer AG (KBA) ausgegliederte KBA-Digital & Web Solutions AG & Co. KG als eigenständiges Unternehmen auf der Zeitungsmesse World Publishing Expo (WPE) in Hamburg.

An der Führung dieser für das Segment des Digital- und Offsetdrucks von der Rolle verantwortlichen Geschäftseinheit hat sich wenig geändert, dafür einiges an der Struktur, am Aufgabenspektrum und der Unternehmens-"Philosophie". Darauf wies der Geschäftsführer Christoph Müller, der weiterhin Mitglied der Konzernleitung ist, in der Pressekonferenz hin.


Müller: "Höhere Marktanteile mit Verlusten sind im geschrumpften Rollengeschäft auf Dauer keine unternehmerische Option. KBA-Digital & Web hat sich deshalb strukturell neu aufgestellt und die Kapazitäten nachhaltig angepasst. Die Vereinigung von Offset- und Digitaldruck in der Rolle erhöht die unternehmerische Flexibilität. Die Ausgliederung der Produktion als eigenständige Geschäftseinheit reduziert Auslastungsschwankungen. KBA-Digital & Web Solutions bedient schrumpfende und wachsende Märkte. Dies ermöglicht Synergieeffekte und die Aufrechterhaltung von F&E für beide Felder, was unseren Kunden ein Stück mehr Zukunftssicherheit gibt."


In diesem Zusammenhang verwies er auf die außergewöhnlich breite Produktpalette der Gruppe und die im Vergleich zu Mitbewerbern deutlich geringere Abhängigkeit vom stark geschrumpften Rollenoffsetmarkt. Dieses seit Jahren unter Druck stehende Segment trägt heute nur noch knapp 15% zum Konzernumsatz von ca. 1,1 Mrd. Euro bei.  


Offsetkompetenz hilft 


Müller betonte die im Rollenoffset- und Illustrationstiefdruck über Jahrzehnte gewachsene Kompetenz bei der Beherrschung sensibler Bedruckstoffe in großen Bahnbreiten. Diese kommt ihm auch im Digitaldruck bei der Entwicklung der breitesten Inkjet-Rotationen zugute. Als Beispiele nannte er den Einstieg in den digitalen Dekordruck mit den bis zu 2,25 m breiten Anlagen der Rotajet-VL-Reihe und die Partnerschaft mit Hewlett Packard bei der Entwicklung und Produktion der bis zu 2,80 m breiten High-Volume-Rollenrotation "HP T 1100 Simplex Color Inkjet Web Press" für den weiter wachsenden Wellpappen-Verpackungsmarkt. Der "Gigant" wird im Stammwerk in Würzburg gebaut und gerade getestet. Anfang Dezember soll die Anlage vorgestellt werden.  


Unter einem Dach


KBA-Digital & Web vertreibt, entwickelt, konstruiert, projektiert, montiert und installiert weiterhin Offsetrotationen der mittleren und höchsten Leistungs- und Automatisierungsklasse für den Akzidenzdruck (von 16 bis 80 Seiten), die Zeitungs- und Semicommercialproduktion (einfach-, doppel- und dreifachbreit) und den High-Volume-Digitaldruck mit den Baureihen Rotajet 76 und L (89 bis 130 cm Bahnbreite) für den Bücher-, Werbe- und Publikationsdruck (darunter Magazine und Zeitungen) sowie Anlagen der VL-Reihe ("Very Large" bis 2,25 m Bahnbreite) für den Dekordruck und andere industrielle Anwendungen.  


Hinzu kommen neue Geschäftsfelder und neue Partner. Darunter fällt die Kooperation mit HP bei der Digitaldruckanlage für den Wellpappenmarkt. Fertigung und Innenmontage der Rotationsanlagen sind bei den ebenfalls aus der Konzernmutter ausgegliederten und am Standort Würzburg ansässigen Schwestergesellschaften KBA-Industrial Solutions AG & Co. KG und KBA-Notasys AG & Co. KG angesiedelt. Die erste Rotajet VL mit 168 cm Papierbahnbreite produziert seit über einem halben Jahr beim Dekordrucker Interprint in Arnsberg. Der renommierte Bücherproduzent Kösel in Altusried-Krugzell betreibt seit Kurzem eine Rotajet 76.


Neumaschinenmarkt bei 200 Mio. Euro p.a.


Zu Beginn der Pressekonferenz beschrieb Marketingdirektor und Unternehmenssprecher Klaus Schmidt die Lage am Zeitungsmarkt. Er berichtete von einem zyklischen Nachfrageverhalten mit langen, nur schwer kalkulierbaren Entscheidungszeiträumen, was die Situation für die Lieferindustrie nicht einfacher macht. Den Weltmarkt für neue Offsetanlagen (ohne Akzidenzrotationen, Retrofits und Upgrades) bezifferte er für 2014 und 2015 auf ca. 200 Mio. Euro, wobei 2014 fast die Hälfte des Marktes auf einfachbreite Anlagen der unteren Leistungsklasse entfielen und in den Industrieländern nur wenige Hightech-Anlagen bestellt wurden. Einfachmaschinen für Schwellenländer bietet KBA selbst nicht an, weshalb der in den Vorjahren deutlich über 30% liegende Marktanteil im vergangenen Jahr vorübergehend unter 10% fiel. 


Durch den Verkauf weiterer Anlagen der 2011 eingeführten Baureihe Commander CL an die Oppermann Druck- und Verlagsgesellschaft in Rodenberg und das Aschendorff Druckzentrum in Münster sowie Bestellungen einfachbreiter Comet-Rotationen aus China und dem Mittleren Osten konnte das Unternehmen im laufenden Jahr wieder die meisten Aufträge im oberen Marktsegment gewinnen. Schmidt machte allerdings deutlich, dass kurzfristige Betrachtungen bei der Ermittlung von Marktanteilen im deutlich kleiner gewordenen Neumaschinengeschäft zu falschen Schlüssen führen können. 


Seit 2002 wurden bei KBA insgesamt 60 doppel- und dreifachbreite Rotationslinien der Baureihen Cortina, Commander CT und Commander CL mit zusammen 256 Drucktürmen – davon zehn Linien mit Heißlufttrocknern – bestellt. Mit Ausnahme der letzten vier Commander- CL-Aufträge sind alle Anlagen in Produktion.  


Gedruckte Zeitung offensiver positionieren


Dabei machen insbesondere die 19 Cortina-Anwender immer wieder durch spektakuläre, teilweise mit Lack veredelte Druckprodukte von sich reden. Andere Kunden nutzen ebenfalls die von KBA-Digital & Web zur Nachrüstung angebotenen technischen Einrichtungen für neue Produkt- und Werbeformate. Half-Cover, Superpanorama, Zip’n’Buy, Naturalprint auf Packpapier, Smartflap, 12 page double gate und 12 page letterfold sind einige Beispiele. 


In Hamburg stellte der KBA-Service Panoramaformate für Tabloidprodukte als weitere Neuheit mit der Empfehlung vor, außergewöhnliche Falzvarianten und Formate stärker zu nutzen, um die gedruckte Zeitung als nachhaltigen und wandlungsfähigen Werbeträger optisch noch offensiver im Medienwettbewerb zu positionieren.  


Darüber hinaus warb das Unternehmen in der Hansestadt bei den Zeitungsverlagen erneut dafür, neue Geschäftsmodelle mit dem High-Volume-Inkjetdruck – ggf. auch in Kombination mit dem Offset – intensiver zu prüfen. Der Druckmaschinenhersteller, der mit der Rotajet L eine - wie es heißt - robuste und praxisorientierte Lösung für den digitalen Zeitungsdruck anbietet, sieht darin eine Möglichkeit zur Erweiterung des Printportfolios für eine stärkere Leser- und Kundenbindung, für die Erreichung neuer Kundenkreise sowie die stärkere Vernetzung von Print- und Online-Medien. 


Trotz der jüngsten Investitionen bei Mengis Druck im schweizerischen Wallis und bei KP Services (Jersey) – einem Gemeinschaftsunternehmen von Kodak und der Guiton Group auf der Kanalinsel Jersey – investiert die an hohe Auflagen gewöhnte Zeitungsindustrie aus Kostengründen weiterhin vorranging in den Offset.    


In einem auf niedrigem Niveau stagnierenden Neumaschinenmarkt gewinnt der Ausbau des Serviceportfolios für die Druckmaschinenbauer an Bedeutung. Müller: "Der Maschinenbestand am Markt wird älter, der Servicebedarf steigt. Viele Druckereien reduzieren ihr eigenes technisches Personal. KBA-Digital & Web hat das Serviceangebot für Eigen- und Fremdanlagen (über die Tochtergesellschaft PHS) erweitert und vermarktet den After-Sales-Service offensiver als früher. Der Serviceumsatz mit Retrofits, Reparaturen, Upgrades, Maschinenumzügen, Consulting und Training steigt kontinuierlich. Langfristige Service- und Wartungsverträge nehmen zu. Falls gefragt, liefern KBA-Digital & Web und PHS auch Sorglospakete mit eigenem Personal vor Ort." 


So konnte das Unternehmen wenige Tage vor der Messe einen Servicevertrag mit der Schweizer Tamedia AG für drei Standorte über vier Jahre abschließen.