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(18.06.2015 / saj)

50 Jahre Bogenoffsetmaschinen in Aggregatbauweise

Ein technologischer Meilenstein aus dem sächsischen Radebeul veränderte den Druckmaschinenbau.

Noch vor rd. 50 Jahren mussten die meisten Farbdrucke in mehreren Durchgängen hergestellt werden. Zum einen standen überwiegend nur Ein- oder Zweifarbenmaschinen zur Verfügung, zum anderen erforderten die Drucke technisch bedingt bis zu zwölf Farben. Die Durchsetzung der "kurzen" Farbskala (BCMY) im Offset ermöglichte zwar eine rationellere Produktion auf den verstärkt angebotenen Vierfarbenmaschinen. Diese waren damals aber eine Kombination aus zwei Zweifarben-Maschinen in Tandembauweise nach dem Fünfzylinderprinzip.


Daraus resultierten drucktechnische Unzulänglichkeiten, denn je zwei Druckwerke benutzten einen gemeinsamen Gegendruckzylinder. Für die Druckmaschinenproduzenten bedeutete dieses Konstruktionsprinzip – insbesondere bei großformatigen Maschinen – ebenfalls einen enormen Aufwand. Nach Montage und Drucktest im Herstellerwerk mussten die Maschinen wieder weitgehend zerlegt und beim Kunden ein zweites Mal aus vielen Einzelteilen aufgebaut werden.  

 

Bei den Konstrukteuren der Planeta-Druckmaschinenwerke (seit 2001 als Werk Radebeul ein Teil der KBA-Gruppe) reifte deshalb schon Anfang der 60er-Jahre der Gedanke, eine Maschine ohne diese gravierenden Nachteile zu bauen. Mit der Planeta Variant P4 (3b-Format) begann auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1965 der Übergang von der Tandem- zur heute dominierenden Aggregatbauweise für Bogenoffsetmaschinen. 
Nur zwei Jahre später wurde diese zukunftsorientierte Bauweise auch für die Großformatanlagen aus Radebeul übernommen. Diese Weltneuheit aus Sachsen war vor 50 Jahren einer der technologischen Meilensteine, die den Bogenmaschinenbau grundlegend veränderten und heute herstellerübergreifend prägen.  


Vorteilhafte Aggregatbauweise


Bei der Aggregatbauweise handelte es sich um ein vollkommen neues und damals revolutionäres Maschinenkonzept nach dem Dreizylinderprinzip. Erstmals waren die einzelnen Bauteile und die drucktechnischen Eigenschaften in jedem Druckwerk identisch. Dadurch ergaben sich eine Reihe von Vorteilen, die für alle Nachfolgemodelle der Planeta Variant bis zu den hochmodernen KBA Rapidas von heute gelten:


Hohe Variabilität bei der Maschinenkonfiguration für die Bedürfnisse der Druckerei; deutliche Reduzierung der Teilevielfalt bei der Herstellung der Maschine; kurze Montagezeit beim Betreiber durch Versand komplett montierter Aggregate; Passerhaltigkeit im Druck durch ein überlegenes Antriebskonzept; schonender Bogenlauf aufgrund der erstmals doppelgroßen Druckzylinder und Übergabetrommeln; geringe Anzahl an Bogenübergabestellen zwischen den Druckwerken; extrem punktscharfer Ausdruck gegenüber anderen Maschinen.


Auch die umstellbare Bogenwendung für den Schön- und Widerdruck in einem Bogenlauf (Planeta-Patent aus dem Jahr 1967) basiert auf der Aggregatbauweise. Während es bei der Tandembauweise nur möglich war, dem ersten Druckwerk ein Eindruckwerk voranzustellen, ist die Bogenwendung bei den Aggregatmaschinen an jeder gewünschten Stelle möglich. Damit wurden schon damals die Voraussetzungen für die heutigen Acht-, Zehn- oder Zwölfwerkemaschinen für die Vier-über-vier-, Fünf-über-fünf- bzw. Sechs-über-sechs-Produktion geschaffen, ebenso für andere Spezialkonfigurationen.    
Neue Technik eröffnet neue Möglichkeiten


Den Druckern boten sich durch die neue Technik mit doppelgroßen Zylindersystemen völlig neue Möglichkeiten hinsichtlich Druckqualität und Bedruckstoffflexibilität. Gerade für Kartonagendrucker brachte der schlanke, krümmungsarme Bogenlauf deutliche Vorteile. Entsprechend früh kamen die Variants und Varimats aus Radebeul in Verpackungsbetrieben weltweit zum Einsatz. Damit wurde schon vor einem halben Jahrhundert der Grundstein für eine führende Stellung der sächsischen Druckmaschinenbauer im Faltschachteldruck gelegt. 


KBAs Rapida-Anlagen kommen nun beim Druck schwerer Kartonagen, beim Bedrucken von Bierfilzen oder Wellpappe zum Einsatz. Darüber hinaus verrichten die großformatigen Rapida-Druckwerke auch bei Blechdruckmaschinen der KBA-Metalstar-Baureihe ihren Dienst. Nicht ohne Grund sei KBA im großformatigen Verpackungsdruck Weltmarktführer, heißt es. Die Aggregatbauweise bewähre sich bis ins Super-Großformat von 150 x 205 cm mit der 2004 vorgestellten Rapida 205 als größter Bogenoffsetmaschine überhaupt.  


Die Aggregat-Reihenbauweise war auch die Voraussetzung für die flexible Integration von Lack-, Trocken- und anderen Veredelungswerken in immer länger werdende Maschinen. Mit immenser Flexibilität hinsichtlich der Druck- und Veredelungsaggregate in Bogenoffsetmaschinen wie sie heute zum Standard gehören. Die Bogenoffsetmaschine werden seitdem immer länger. Eine Rapida 106 in der Schweiz mit 19 Druck- und Veredelungswerken halte auch hier den Weltrekord.  


Die Basiserfindungen wurfen in den letzten 50 Jahren immer wieder überarbeitet und auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Die an den Rapidas heute üblichen Fortdruckleistungen bis 20.000 Bogen/Std. und die weitgehende Automatisierung der Druck- und Rüstprozesse waren in den 60er-Jahren noch undenkbar. So war die Planeta Variant P4 für 10.000 Bogen/Std. konzipiert und im Dauerbetrieb für 8000 zugelassen. Die Rapida 106 - nach Herstellerangaben Geschwindigkeits- und Rüstzeitweltmeister im Mittelformat - erlaubt sogar den fliegenden Auftragswechsel ohne Anhalten.  


Mittlerweile setzen alle führenden Hersteller die Aggregatbauweise mit den üblichen Modifikationen in ihren Bogenoffsetmaschinen ein.