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(15.06.2015 / saj)

Tage der Offenen Produktion bei KBA in Würzburg

Die Printmedien müssen sich die Leser und den Werbekuchen mit immer mehr Online-Kanälen teilen und die Verlage suchen nach zukunftsfähigen Geschäftsmodellen. Entsprechend zurückhaltend sind sie mit Investitionen im Printbereich. Dies trifft die Druckmaschinenbauer in medien- und werbeorientierten Märkten.

So sind seit 2007 der Weltmarkt für Bogenoffsetmaschinen um etwa die Hälfte und die Nachfrage bei den für höhere Auflagen eingesetzten Rollenoffsetanlagen um gut drei Viertel geschrumpft. Durch die erforderlichen Kapazitätsanpassungen gingen allein bei den drei größten deutschen Herstellern über 15.000 Stellen verloren. KBA hat das Anfang 2014 begonnene Fit@All-Programm zur Neuausrichtung des Unternehmens mittlerweile weitestgehend umgesetzt. 


Zum umfangreichen Maßnahmenpaket zählte die Verlagerung von über 50 Werkzeugmaschinen zur Vermeidung von Parallelaktivitäten an den Fertigungsstandorten. Die Werke Ternitz und Trennfeld wurden geschlossen und verkauft. Der Ende 2013 angekündigte Abbau von insgesamt rd. 1500 Stellen ist so gut wie abgeschlossen. In ihrer Sitzung am 21. Mai hat die Aktionärsversammlung darüber hinaus mit großer Mehrheit der vom Vorstand vorgeschlagenen gesellschaftsrechtlichen Neuaufstellung zugestimmt. Diese sieht die Umwandlung der Muttergesellschaft Koenig & Bauer AG in eine Management-Holding vor, nach Ausgründung von vier operativen Tochtergesellschaften für die Geschäftsbereiche Digital & Rolle (KBA-Digital & Web Solutions), Bogen (KBA-Sheetfed Solutions), Wertpapier (KBA-NotaSys) und Produktion (KBA-Industrial Solutions). 

 

Die vier ausgegliederten Gesellschaften erhalten die Rechtsform einer AG & Co. KG mit der Koenig & Bauer AG als alleinige Komplementärin. Die Holding übernimmt mit einem auf drei Mitglieder verkleinerten Vorstand in erster Linie strategische und zentrale Funktionen. Nach der für Anfang Juli erwarteten Eintragung ins Handelsregister soll die neue Struktur rückwirkend zum 1. Januar in Kraft treten. Der Vorstand erwartet sich davon eine größere Kosten- und Ergebnistransparenz sowie mehr Ertragskraft durch interne Kunden-Lieferantenverhältnisse.

 

Ende März hatte die KBA-Gruppe ohne Auszubildende, Praktikanten und Mitarbeiter in Altersteilzeit noch 4711 Beschäftigte, gut 3000 weniger als vor acht Jahren. 2007 lag der Konzernumsatz aber noch bei 1,7 Mrd. Euro gegenüber 1,1 Mrd. im Jahr 2014. Am stärksten ist das frühere KBA-Kerngeschäft mit Rollenoffsetmaschinen geschrumpft. Neben dem Stammwerk in Würzburg waren das Zweigwerk in Trennfeld und der Standort Frankenthal/Pfalz vom Markteinbruch besonders betroffen. Das weggefallene Umsatzvolumen konnte bisher nur teilweise durch neue Geschäfte im Digital- und Verpackungsdruck ersetzt werden. 


Das Unternehmen arbeitet deshalb mit Hochdruck an der Erweiterung des Produktportfolios und der Stärkung seiner Marktposition in Wachstumsfeldern. Neben eigenen Neuentwicklungen gehören dazu Unternehmensübernahmen wie KBA-Flexotecnica und KBA-Kammann im Jahr 2013, aber auch die Kooperation mit anderen Unternehmen. So wollen der US-Hersteller Hewlett-Packard und KBA im November im Würzburger Werk eine gemeinsam entwickelte Inkjet-Anlage für Wellpappenverpackungen vorstellen.

 

Es gibt stabile und wachsende Märkte für Gedrucktes, z. B. Verpackungen und neue industrielle Anwendungen. Beim zweitgrößten und ältesten Druckmaschinenhersteller der Welt glaubt man trotz der notwendigen Einschnitte in den letzten Jahren weiter an Print und eine gute Zukunft für das Würzburger Stammwerk. Deshalb wurden nach der Modernisierung der Gießerei für über 14 Mio. Euro im Jahr 2011 kürzlich zusätzlich mehr als 7 Mio. in die Würzburger Fertigung investiert und fünf hochmoderne Bearbeitungszentren installiert, wie der KBA-Vorstandsvorsitzende Claus Bolza-Schünemann bei einem Werksrundgang berichtete.


Industrial Solutions auch für andere


Neben Seitengestellen, Farbkästen, Trommelkörpern und anderen Komponenten für die eigenen Druckmaschinen will die neue Geschäftseinheit "KBA-Industrial Solutions" verstärkt für andere Maschinen- und Anlagenbauer anspruchsvolle Großteile gießen, bearbeiten und gegebenenfalls auch montieren. Für eine Reihe von Unternehmen wird dies bereits praktiziert. Die Einheit kann neben der Fertigung unterschiedlichster Komponenten aus Guss, Stahl oder Blech auch Montage-, Engineering- oder Logistikleistungen anbieten und ist damit bei Outsourcing-Überlegungen oder Kapazitätsengpässen ein möglicher Partner für andere Maschinenbauer. Entsprechend wurde neben Würzburg auch im sächsischen KBA-Werk Radebeul investiert, u.a. in neueste Beschichtungsanlagen.


Vergleichbar modern ausgestattete Fertigungseinrichtungen wie in den beiden großen KBA-Werken sind im deutschen Maschinenbau längst nicht die Regel. Der Vorstandsvorsitzende Claus Bolza-Schünemann und sein für die Produktion verantwortlicher Kollege Michael Kummert sehen darin ein Bekenntnis zum fränkischen Traditionsstandort und führten mit Stolz Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Behörden sowie externe Fertigungskunden und Journalisten kürzlich beim 1. Tag der Offenen Produktion durch das Werk. Lehrer und Schüler aus der Region kamen ebenfalls in die Wiege des Druckmaschinenbaus, um sich im Betrieb und der staatlich anerkannten Werkberufsschule über die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten bei KBA zu informieren. Die Ausbildungsquote beträgt um die 7%.


Einen Tag der Offenen Tür für die fränkische Bevölkerung wie im September 1992 – damals kamen mehrere tausend Besucher – soll es wieder zum 200. Firmengeburtstag im September 2017 geben.