NEWS

(14.04.2014 / atz)

Maximalisten im Rotationsdruck

Bei der Koninklijke Drukkerij Em. de Jong im holländischen Baarle-Nassau ist im Januar die größte einbahnige Offsetrotation der Welt angelaufen. In einem Interview erläutert der technische Direktor, Dr. Roel de Weerd (Foto), welche technischen Herausforderungen eine Rotation in dieser Dimension speziell für die Druckweiterverarbeitung mit sich bringt.

Hier vertraut die Koninklijke Drukkerij Em. de Jong schon seit Jahren auf die Lösungen von In-Log, die auch jetzt die effiziente Entsorgung der 96-Seiten-Maschine übernehmen, wie Roel de Weerd versichert. Das Unternehmen wurde im Jahr 1906 gegründet und gehört mit seinen Schwestergesellschaften Janssen/Pers und Mercator Press zu den großen Playern auf dem europäischen Markt für Akzidenzdrucksachen. Mit insgesamt 20 Rollenoffsetmaschinen im Format 8 bis 96 Seiten werden im Jahr mehr als 300.000 Tonnen Papier bedruckt. 750 Mitarbeiter entwickeln maßgeschneiderte Drucklösungen, die in den Benelux-Ländern, Deutschland, Frankreich und England vermarktet werden, mit dem Fokus auf das Segment Werbedruck.

Wie ist die 96-Seiten-Lithoman von Manroland Web Systems angelaufen und was waren die Herausforderungen, um die Maschine ins Laufen zu bringen?

Roel de Weerd: Trotz ein paar Kinderkrankheiten ist die Anlage gut angelaufen. Die Probleme sind nicht nur an der Rotation, sondern auch an den Entsorgungsstraßen aufgetreten. Einige Packpläne funktionieren noch nicht optimal. In-Log arbeitet aber daran, das in den Griff zu bekommen. Wir hatten bereits mehrere Entsorgungsstraßen von In-Log im Betrieb, die sich alle bewährt haben. Deshalb haben wir die 96-Seiten-Rotation mit derselben Konfiguration ausgestattet. Jetzt optimieren wir aufgrund der vorliegenden Erfahrungen gemeinsam mit In-Log die Anlage auf den letzten Metern. In-Log ist hier sehr flexibel, entwickelt Lösungen und setzt diese Dinge sehr rasch um. Wenn wir diese Optimierungsschritte abgeschlossen haben, können wir die Effizienz der Rotation in vollem Umfang nutzen.

De Jong gilt als eine der effizientesten Akzidenzdruckereien in Europa. Auf was ist das zurückzuführen?

Wir haben eine unverwechselbare Kapazität für unsere Kunden geschaffen. Dafür haben wir einen umfangreichen Investitionsplan umgesetzt, der einige einzigartige am Markt verfügbare Druckmaschinen umfasst. Daraus resultiert ein Maschinenpark, der auf Automatisierung und Produktivität bei kompromissloser Qualität setzt.

Und wie kommen die Mitarbeiter mit dieser Entwicklung klar?

Die Mitarbeiter, die in der Lage sind, solche Aggregate zu steuern, sind keine Drucker im klassischen Sinn mehr. Eine Maschine in dieser Dimension zu steuern, zu überwachen und im Bedarfsfall die richtigen Schlüsse zu ziehen, verlangt den Mitarbeitern einiges ab. Hier ist es auch extrem wichtig, das Team für die neuen Aufgaben zu begeistern. Denn am Markt gibt es keine Drucker, die Erfahrungen mit einer 96-Seiten-Rotation mitbringen, also müssen wir die Mitarbeiter selbst auf diese Herausforderungen vorbereiten.

Was ist neben dem Format das Besondere an der 96-Seiten-Rotation?

Wir haben die Maschine konsequent für den Akzidenzdruck ausgestattet und sie verfügt über einen liegenden und stehenden Falzapparat. Was die Rotation aber wirklich zu einem absoluten Unikum macht, ist, dass wir bis zu acht Stränge auf vier Trichtern verarbeiten können. Daraus ergibt sich eine unglaubliche Flexibilität. Diese Produktvielfalt noch schneller herstellen zu können, das macht die Maschine aus.

Eine Maschine in dieser Dimension hat einen enormen Ausstoß. Was kommt da auf die Druckweiterverarbeitung zu?

In Verbindung mit anderen Hochleistungsmaschinen haben wir mit In-Log bereits gute Erfahrungen gemacht und gesehen, dass eine Druckgeschwindigkeit von 17 Metern pro Sekunde kein Problem darstellt. Wir konnten jetzt auf die vorhandenen Erfahrungen zurückgreifen und mussten lediglich ein paar Adaptierungen durchführen. Das Einzige, was wirklich anders ist, ist, dass wir die Entsorgung im Sichtfeld der Maschine angeordnet haben, um so die gesamte Prozesskette zu überblicken. Das erleichtert die Bedienung und die Mitarbeiter können so schneller auf Störungen reagieren, da die Wege deutlich kürzer sind und alle Mitarbeiter miteinander im visuellen Kontakt stehen.

Und was schätzen Sie neben der Flexibilität an der Zusammenarbeit und dem technologischen Konzept von In-Log?

In-Log versteht, welche Vorstellungen wir punkto Effizienz haben. Sicherlich ist das für beide Seiten in einem laufenden Projekt nicht immer ganz einfach, aber wir haben stets das gemeinsame Ziel vor Augen und arbeiten lösungsorientiert zusammen. Wir optimieren gemeinsam jede neue Entsorgungsstraße – so ist über die Jahre eine enge Partnerschaft entstanden.

Sie meinten, Rüstzeiten sind das zentrale Thema. Können Sie uns etwas dazu sagen, welche Rüstzeiten Sie mit der Fördertechnik von In-Log erreichen und welche Rolle hier die automatische Formatverstellung spielt?

Das ist nicht wirklich ein Thema, da die Rüstzeiten an der Druckmaschine wesentlich länger sind. Die Automatisierung von In-Log funktioniert problemlos. Das Einzige, was nicht funktioniert, sind die Stapler – aber das liegt daran, dass sie Fremdprodukte sind und nicht über eine automatische Formatverstellung verfügen. Die Stapler haben wir bereits über dreizehn Jahre im Einsatz und hier schrecke ich vor einem Austausch zurück, da jeder im Betrieb die Handhabung der Stapler kennt und die Maschinen flexibel zu Servicezwecken ausgetauscht werden. Deshalb ist eine Standardisierung für unser Haus sehr wichtig. Das Einrichten der gesamten In-Log Entsorgungsstraße erfolgt vollautomatisch.

Und wie muss man sich das in der Praxis vorstellen?

Der zuständige Mitarbeiter wählt auf der Steuerung den entsprechenden Job aus und dann stellen sich der Rotaschneider, der Rüttler, die Makulaturweiche, die Roboterzelle, eben alles außer den Staplern automatisch ein. In der Regel müssen wir dann noch etwas nachjustieren, da die Dehnung des Papiers nie genau vorhergesagt werden kann. In zehn Minuten haben wir die gesamte Entsorgungsstraße inklusive der Stapler umgerüstet, das ist wesentlich schneller als ein kompletter Auftragswechsel inklusive Format- und Falzwechsel – da muss man schon eine halbe bis Dreiviertelstunde einrechnen.

Sie verarbeiten sowohl liegende als auch stehende Formate, funktioniert das in der Praxis und welche Nettogeschwindigkeiten erzielen Sie?

Wir können auf der Maschine zwei Falzapparate ansteuern und so eine liegende und stehende Produktion kombinieren. Stehend und liegend gleichzeitig auf einer Maschine zu fahren, das ist wirklich ein Unikum. Dadurch können wir auch die Anzahl der Entsorgungslinien auf zwei beschränken, was das Handling ungemein vereinfacht.

Bei einer Zwölffach-Produktion sind es 600.000 Exemplare in der Stunde, die die beiden Entsorgungsstraßen wegschaffen müssen – und das schaffen sie auch. Vor ein paar Wochen haben wir von manroland das Okay bekommen, dass wir mit 50.000 Exemplaren in der Stunde fahren können. Die Roboter kommen auch mit dieser Geschwindigkeit klar. In-Log hat die Roboter weiter optimiert, sodass sie jetzt bis zu 1.600  Pakete in der Stunde verarbeiten können.

Kommt die Schneid-Lösung von In-Log mit diesen Geschwindigkeiten klar und liefert sie auch die entsprechende Qualität?

Ja absolut. Aber es sind Rotationsschneider, die gegenüber einem Planschneider ihre Limitationen haben. In-Log hat schon frühzeitig erkannt, dass man für die immer dicker werdenden Schuppenströme leistungsfähigere Messer benötigt und dafür eine neue Generation von Rotaschneidern entwickelt. Diese liefert auch bei der 96-Seiten-Rotation ausgezeichnete Ergebnisse. Und auch die Standzeit der Messer kann mit den steigenden Anforderungen mithalten. In einer Zeit, in der die Papierqualität tendenziell abnimmt, ist dies nicht selbstverständlich.

Sie haben die Fördertechnik in die im Haus vorhandene IT integriert. Welche Vorteile ergeben sich dadurch?

Bereits 2012 haben wir den Roboter an der 48-Seiten-Rotation inklusive Palettier-Software in unser Auftragsmanagement, integriert. Der Bediener gibt lediglich die Auftragsnummer ein und beide Roboter der 96-Rotation erhalten automatisch die entsprechenden Packpläne und stapeln so die Pakete optimal auf die Palette ab. Wir könnten auch hier noch einen Schritt weiter gehen, doch ich denke, eine gewisse Einbindung der Mitarbeiter ist wichtig, sodass sie auch in der Lage sind, auftretende Probleme zu beheben. An der gesamten Anlage arbeiten nur noch zwei Drucker und zwei Helfer, da ist es wichtig, dass die Mitarbeiter die gesamte Produktionsstrecke kennen und das Potenzial ausreizen können.

Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial bei der Fördertechnik?

Am liebsten wäre mir, wenn wir nur eine Entsorgungsstraße benötigen würden. Grundsätzlich bin ich jedoch sehr zufrieden mit den zwei Entsorgungsstraßen. Wenn es allerdings noch schnellere Maschinen geben sollte, dann wird die Entsorgung zu einem Flaschenhals, denn ein Stapler stößt eben an seine physikalischen Grenzen. In-Log beschäftigt sich allerdings mit diesem Problem. Es hätte aber schon einen gewissen Charme, denn eine Linie ist einfacher zu betreiben als zwei. Allerdings läuft man Gefahr, dass wenn die Entsorgungsstraße steht, auch die Rotation steht. Aber nochmals, rein technisch gesehen würde ich natürlich eine Straße bevorzugen.