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(25.08.2013 / atz)

Isra Vision zielt auf neue Druckmärkte

Neue Medien, neue Technologien und eine Verschiebung der Märkte haben die deutsche Druck- und Papiertechnik verändert. Die Unternehmen dieser Branche stellen sich den Herausforderungen und erkennen immer mehr auch die Chancen dieser Veränderung. Der VDMA stellt in einer Interview-Serie einige Unternehmen vor.

Pro Monat wird ein Interview mit einem Vertreter der Branche veröffentlicht - aktuell mit Markus Köhler (Foto), Leiter der Business Unit Print bei Isra Vision. Das Unternehmen zählt zu den global führenden Anbietern von Oberflächeninspektionssystemen und Industrieller Bildverarbeitung (Machine Vision).

Herr Köhler, China ist inzwischen der weltgrößte Druckmarkt geworden. Die Konjunktur lahmt dort aber ein bisschen. Welche Auswirkungen hat das auf Ihr Geschäft?

Markus Köhler: China hat zuletzt zwar etwas an Antriebskraft verloren. Für die Druckindustrie ist das Land aber nach wie vor einer der wichtigsten Märkte. Im Hinblick auf Qualitätsprodukte ist es sogar ein schnell wachsender Markt.

Warum wollen die Chinesen denn auf einmal Qualität?

Köhler: Die großen internationalen Konzerne, die in China unterwegs sind, setzen auch dort ihre weltweiten Qualitätsstandards durch. Sie stellen beispielsweise hohe Anforderungen an Verpackungen. Der Verpackungsmarkt ist daher auch eine der treibenden Kräfte für uns im Print-Bereich. Früher wurden viele Lebensmittel auf dem Markt gekauft und einfach in Zeitungspapier verpackt. Inzwischen gibt es fast überall Supermärkte, deren Produkte in der Regel verpackt sind. Hier sehen wir noch ein sehr großes Entwicklungspotenzial. Ein weiterer Grund für den Wunsch chinesischer Druckereien und Verpackungshersteller nach Qualität ist ihre hohe Exportquote. In den Zielländern der chinesischen Exporteure wird eine hohe Produktqualität vorausgesetzt.

Welche Rolle spielt die Automatisierung vor diesem Hintergrund?

Köhler: Eine Qualitätskontrolle ist nicht zwingend von Automatisierung abhängig. Leider lässt sich eine perfekte Qualitätskontrolle aber nicht vollständig garantieren, wenn für diese Aufgabe Menschen eingesetzt werden. Die perfekte und hundertprozentig verlässliche Kontrolle übernehmen deswegen unsere Systeme, bestehend aus Software, Kameratechnik, Computertechnik und weiteren Komponenten.

Die Kontrollsysteme von Isra Vision sind in vielen Branchen eingesetzt. Was machen sie in der Druckindustrie?

Köhler: Unsere optische Inline-Druckinspektion garantiert direkt an der Maschine eine wirtschaftliche, hundertprozentige und lückenlose Kontrolle des Druckbildes. Selbst bei höchsten Prozessgeschwindigkeiten von mehreren hundert Metern pro Minute erreichen wir objektive, reproduzierbare Prüfergebnisse. Unsere Systeme passen sich den Entwicklungen im Druckmaschinenbau an. Wir beobachten genau, was der Drucker braucht und bieten entsprechend zusätzliche Funktionen an.

Es gibt also noch Potenzial für Innovationen?

Köhler: Der Inspektionsprozess lässt sich noch weiter optimieren. Wir arbeiten beispielsweise daran, auftretende Fehler noch besser zu klassifizieren. Einmalige Fehler, wie etwa Spritzer auf der Oberfläche, lassen sich nicht verhindern. Aber bei wiederkehrenden Fehlern, etwa bei einer Verschmutzung der Druckplatte, ist es wichtig, dem Drucker direkt ein Signal zu geben. Das spart Zeit und Geld.

Der Druckmarkt verändert sich. Welche Konsequenzen hat das für Ihr Geschäft?

Köhler: Für den Akzidenzmarkt stimmt das. Hier sehen wir auch einen deutlichen Rückgang an Volumen. Auf der anderen Seite wächst der Verpackungsmarkt sehr stark. Die hier erreichten Volumen- und Umsatzsteigerungen machen die Rückgänge aus dem klassischen Druckgeschäft mehr als wett. Verpackungen sind definitiv das Zukunftssegment in der Druckindustrie und für uns sind sie ein lukratives Feld für unsere hundertprozentigen Inspektionssysteme.

Viele in der Druckindustrie nehmen den Verpackungsmarkt erst allmählich ins Visier.

Köhler: Die Zurückhaltung ist verständlich. Für Maschinenbauer ist es eine höhere Herausforderung, denn sie müssen völlig neue Maschinen entwickeln. Für uns als softwarebasiertem Unternehmen ist die Umstellung und Anpassung an andere Messanforderungen leichter.

Dann wollen Sie also weiter wachsen?

Köhler: Isra Vision verfolgt die Strategie, mit organischem Wachstum und durch strategische Zukäufe mittelfristig die Hundert-Millionen-Euro-Umsatzmarke zu erreichen. Die Print-Sparte ist eine der Haupt- und Zielbranchen des Unternehmens mit einem Anteil von knapp zehn Prozent am Gesamtumsatz. Um diesen Anteil zu erhöhen sind bei einem passenden Partner für uns auch Zukäufe durchaus denkbar.

Wie wichtig ist das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Geschäft?

Köhler: Nachhaltigkeit ist für uns ein Vertriebsargument. Wenn wir durch unsere Systeme eine hundertprozentige Druckkontrolle und sofortige Fehleranalyse ermöglichen, kann der Drucker direkt auf ein Problem reagieren. Er kann die Steuerung anpassen oder auch die Maschine anhalten, um den Fehler zu beseitigen. Dadurch kann man Makulatur vermeiden. Wenn man die Makulatur beispielsweise um zwei bis drei Prozent verringert, spart man unter anderem auch entsprechend Energie ein. Die detaillierten Analysen, die unsere Systeme auf Wunsch für jeden Druckauftrag erstellen, enthalten zudem Informationen, aus denen man Empfehlungen für den Einsatz verschiedener Produktionsmaterialien ableiten kann. Das hilft, die Effizienz kontinuierlich zu optimieren und dabei Ressourcen zu sparen. Große, international tätige Druckereien legen inzwischen viel Wert auf Nachhaltigkeit im Sinne von höherer Effizienz. Bei kleineren Druckereien ist das Bewusstsein noch nicht so stark ausgeprägt.

Auf einen Blick

Die Isra Vision AG zählt samt Tochtergesellschaften zu den Weltmarktführern für Oberflächeninspektionssystemen und zu den global führenden Anbietern im Bereich Industrielle Bildverarbeitung (Machine Vision) mit Spezialisierung im Bereich 3D Systeme zur Roboterführung, Formerkennung und -vermessung. Das Unternehmen wurde 1985 von Enis Ersü, dem heutigen Vorstandsvorsitzenden aus einem Spin-Off der TU Darmstadt gegründet und ist seit 2000 an der Börse notiert. Isra hat ihren Hauptsitz in Darmstadt und beschäftigt derzeit knapp 600 Mitarbeiter an 25 Standorten weltweit.