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(09.08.2013 / atz)

Zertifiziertes Energiemanagement ist jetzt Pflicht

Die Energie Consulting GmbH (ECG) in Kehl, größtes unabhängiges Energieberatungsunternehmen in Deutschland, mahnt energieintensive Unternehmen zur Eile bei der Einführung von zertifizierten Energiemanagmentsystemen (ENMS). Ohne ein ENMS gibt es demnach künftig keine Rückerstattungen vom Staat mehr.

Wie ECG meldet, hat das Bundeswirtschaftsministerium kürzlich in einer Verordnung die Voraussetzungen veröffentlicht, die produzierende Unternehmen erfüllen müssen, damit sie künftig bei der Strom- und Energiesteuer entlastet werden können. Die deutlich höheren Anforderungen gelten rückwirkend ab Anfang 2013. ECG sieht aktuell viele Unternehmen in Verzug (auch auf Grund des langwierigen Gesetzgebungsverfahrens), der in den verbleibenden fünf Monaten aufgeholt werden müsse.

ECG empfiehlt betroffenen Unternehmen daher das sogenannte vertikale Vorgehen. Hier genügt es dank einer Übergangsregelung, wenn bis Jahresende vergleichsweise einfache Schritte umgesetzt wurden:

  • schriftliche Erklärung der Geschäftsführung zur Einführung eines ENMS
  • Ernennung eines Energiebeauftragten
  • testierte Erfassung und Analyse der eingesetzten Energieträger

Alle weiteren Schritte können in den Folgejahren sukzessive vollzogen werden. Unabhängig davon sollten betroffene Unternehmen genau prüfen, wie sie auf die Neuregelung reagieren, denn aus wirtschaftlichen Gründen kann inzwischen der Verzicht auf ein ENMS und damit auf die Steuererstattung sinnvoll sein. Denn die Berechnung der Erstattungssumme hängt u.a. von der Höhe der zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge ab.

Da die Beitragssätze gesunken sind, profitieren viele Unternehmen nicht mehr im gleichen Maße vom Spitzenausgleich wie früher: Eine Druckerei mit rund 200 Mitarbeitern und einem Jahresstromverbrauch von 2,6 GWH erhält nach 17.000 Euro Stromsteuererstattung im Jahr 2012 aufgrund der gesenkten Rentenversicherungsbeiträge 2013 nur noch 2800 Euro zurückerstattet.

Dr. Wolfgang Hahn, Geschäftsführer der ECG, gibt jedoch zu bedenken, dass die Rückkehr in die Steuerentlastung nach dem Wegfall der Übergangsregelung deutlich schwieriger werden wird: "Wer sich heute gegen ein ENMS entscheidet, sollte trotzdem jährlich zur Jahresmitte überprüfen, ob er doch wieder profitieren könnte. Denn in diesem Fall müsste schnell gehandelt und umgehend bis zum jeweiligen Jahresende ein komplettes Energiemanagement eingeführt werden." Für die sofortige Einführung eines ENMS spricht zudem, dass es abgesehen von der Steuerentlastung im Regelfall auch tatsächlich zu Einsparungen und damit zu niedrigeren Energiekosten führt.

Hintergrund: Um Subventionsvorwürfe aus Brüssel zu entkräften, werden Rückerstattungen ab dem 1.1.2013 nur noch solchen Unternehmen gewährt, die ein betriebliches Energiemanagementsystem (ENMS) eingeführt haben oder zumindest bereits daran arbeiten. Mit einem systematischen und zertifizierten Management des eigenen Energieverbrauchs, vergleichbar einem Qualitäts- oder Umweltmanagement, soll die deutsche Industrie energieeffizienter werden.

Rund ein Viertel der produzierenden Unternehmen in Deutschland nutzt zur Zeit den Spitzenausgleich. Ohne die rechtzeitige Umsetzung der erforderlichen Schritte droht der Verlust einer einkalkulierten Entlastung: Bei einem in der produzierenden Industrie typischen Jahresverbrauch von 5 GWh Energie (z.B. metallverarbeitende Industrie) stehen rund 50.000 Euro Rückerstattung auf dem Spiel.

Um weiterhin in den Genuss des Spitzenausgleichs zu kommen, müssen Unternehmen Zertifizierungen nach der Norm DIN EN ISO 50001 beziehungsweise gemäß der EMAS-Verordnung (Eco Management and Audit Scheme, kurz: EU-Öko-Audit) vorweisen. Die ISO 50001 ist für energieintensive Betriebe schon heute Voraussetzung, um nur eine reduzierte EEG-Umlage zahlen zu müssen; energieintensive Unternehmen haben damit zwei gewichtige Gründe, diese Zertifizierung anzustreben. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) können alternativ auch einen weniger umfänglichen Energieaudit nach DIN EN 16247-1 oder ein sog. Anlage 2-Verfahren nach Spitzenausgleich-Effizienzsystemverordnung (SpaEfV) durchführen. In allen Fällen hat jedoch eine Testierung durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle oder zugelassenen Umweltgutachter zu erfolgen.

Zum Spitzenausgleich

Seit 1999 können Unternehmen beim zuständigen Hauptzollamt eine Rückerstattung der gezahlten Strom- und Energiesteuern beantragen. Berechtigt ist branchenübergreifend nahezu jedes produzierende Industrieunternehmen; die Mindesterstattungssumme von 1.000 Euro wird meist erreicht ab einem Energieverbrauch von ca. 50.000 kWh/Jahr. Ab 2015 werden die Bedingungen für den Spitzenausgleich weiter verschärft: Dann muss die gesamte deutsche produzierende Industrie ihre Energieeffizienz gemeinschaftlich gesteigert haben, oder der Spitzenausgleich entfällt gänzlich. Nach zunächst 1,3 Prozent im Jahr 2015 muss schrittweise mehr erreicht werden, bis 2018 ein Effizienzplus von 5,25 Prozent (jeweils im Vergleich zum Vorvorjahr) erzielt wird.