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(28.06.2013 / atz)

+++ WICHTIG +++
Müller Martini will 550 Arbeitsplätze abbauen

Wie verschiedene schweizerische Medien unter Berufung auf die Nachrichtenagentur SDA berichten, steckt die Müller Martini AG in massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten, Demnach will der Hersteller von Druckverarbeitungs- und Rollenoffsetdruckmaschinen mit Hauptsitz in Zofingen weltweit 550 Stellen abbauen.

Der Standort Felben-Wellhausen TG soll ganz geschlossen werden. Rund 50 Mitarbeitende der Müller Martini Buchbinde-Systeme AG in Felben-Wellhausen sollen am Standort Zofingen AG weiterbeschäftigt werden, 250 der 330 Mitarbeiter dort droht die Entlassung. Die Standorte Zofingen, Stans NW und Hasle LU seien nicht gefährdet, sagte Bruno Müller, CEO der Müller Martini-Gruppe, am Donnerstag. Das Familienunternehmen beschäftigt weltweit 2440 Mitarbeitende, davon 1355 in der Schweiz. "Für das Volumen, das der Weltmarkt hergibt, haben wir von der Struktur her eine viel zu grosse Organisation", wird Müller zitiert. Der Umsatz des Marktführers bei Systemen für die Druckverarbeitung sank den Berichten zufolge in den vergangenen vier Jahren von über einer Mrd. auf deutlich unter 450 Mio. Franken. Die Situation habe sich seit Ende 2012 verschärft. Für das laufende Jahr werde mit einem Umsatz von rund 400 Mio. Fr. gerechnet.

Gesundschrumpfen

Diese Situation zwinge Müller Martini, eine grundlegende Restrukturierung zu prüfen, heißt es weiter. Die Grösse des Unternehmens müsse an den geschrumpften Markt angepasst werden. Die Verluste in den letzten vier Jahren summierten sich gemäss Angaben der Gruppe auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Diese Last könne das Familienunternehmen auf die Dauer nicht mehr tragen. Das Ziel sei, sich im weltweit geschrumpften Markt der grafischen Branche auch in Zukunft zu behaupten und das Überleben der Gruppe zu sichern. Um Investitionen in Produktentwicklungen tätigen zu können, müssten Kosten und Erträge in Einklang gebracht werden.

Wandel in der Druckindustrie

Die grafische Industrie habe sich fundamental geändert, erläutert Müller Martini die Lage. Die Wirtschaftskrise habe den Strukturwandel hin zu digitalen Medien beschleunigt. Weil es weniger Druckereien gebe, habe sich die Kundenbasis verkleinert. Die Kunden würden Investitionen zurückhalten. Hinzu komme, dass Müller Martini zu mehr als 90 Prozent für den Export produziere. Der starke Franken verringere die Gewinnmarge enorm. Der Preisdruck sei gross.

Suche nach Lösungen

Das Unternehmen informierte am Donnerstag die Behörden und Sozialpartner über die Radikalkur. Man werde während des Konsultationsverfahrens gemeinsam mit den Personalvertretungen nach sozialverträglichen Lösungen suchen, versicherte Müller gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Das Konsultationsverfahren dauert bis zum 14. August.

Kritik der Arbeitnehmerorganisation

Die Gewerkschaft Syna zeigte sich in einer Reaktion entsetzt über die geplanten Entlassungen. Bereits ab Ende August sei mit ersten Entlassungen zu rechnen. Man begrüsse, dass die Firmenleitung ein offenes Verfahren gewählt habe, damit die Arbeitnehmervertretungen zusammen mit der Belegschaft und den Gewerkschaft griffige Lösungen erarbeiten könnten.

Müller Martini habe eine rechtzeitige Diversifizierung verschlafen, hält der Verband Angestellte Schweiz fest. Der Strukturwandel sei vorhersehbar gewesen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Betrieb in Felben-Wellhausen ganz geschlossen werden solle. Eine Weiterführung sei "absolut realistisch". Besonders bitter für die Angestellten von Müller Martini sei, dass auch die Kurzarbeit den Stellenabbau nicht verhindert habe. Viele hätten auf einen Teil ihres Einkommens verzichten müssen und würden den Job trotzdem verlieren. Für die 39 Lehrlinge am Standort im Kanton Thurgau müsse eine Lösung gefunden werden. Der Verband forderte, dass der Sozialplan angepasst wird.

Offizielle Medienmitteilung

Inzwischen hat Müller Martini auch eine offizielle Medienmitteilung zu dem Thema versendet, die wir hier im Wortlaut anhängen:

"Die Müller Martini Gruppe leidet unter dem schwierigen Umfeld und dem anhaltenden Strukturwandel der grafischen Industrie. Obschon Müller Martini seine führende Marktposition halten konnte, ist der Umsatz in den letzten vier Jahren massiv eingebrochen. Müller Martini prüft deshalb in den kommenden Monaten eine grundlegende Restrukturierung.

Ziel der Unternehmensreform ist es, im weltweit geschrumpften Markt der grafischen Branche mit innovativen Produkten für den Druck und die Druckweiterverarbeitung sowie mit einem qualitativ hochstehenden Service für die Kunden die Marktführerschaft weiterhin zu behaupten und das Unternehmen nachhaltig auf eine zukunftsfähige Basis zu stellen. Um auch weiterhin Investitionen in zukunftsorientierte Produktentwicklungen tätigen zu können, muss Müller Martini die Grösse des Unternehmens an den redimensionierten Markt anpassen.

Hintergrund für die permanent schwierige Situation ist der fundamentale Wandel der grafischen Industrie. Die daraus entstandene Konsolidierung unter den Druckereien hat die Kundenbasis deutlich verkleinert. Viele bestehende und potenzielle Kunden halten Investitionen zurück – oder sie werden mangels Krediten an Investitionen in neue Maschinen gehindert. Der Preis- und Margendruck ist gross, zudem belastet der starke Frankenkurs die Gewinnmarge.

"Um stark überleben zu können, kommen wir nicht darum herum, in kleineren Dimensionen zu operieren", sagt Müller Martini-CEO Bruno Müller und fügt hinzu: "Wir werden aber alles dran setzen, mit einer Bündelung der Kräfte  die umfassende Beratung unserer Kunden bei Neuinvestitionen und vor allem auch im Servicebereich weiterhin zu vertiefen. Unsere im vergangenen Jahr eingeleitete Regionalisierung des Vertriebs- und Servicenetzes bietet uns hier eine gute Ausgangslage."

Im Fokus der Lösungssuche der kommenden Wochen stehen alle Fertigungsstandorte und Bereiche der Gruppe im In- und Ausland, wobei unter anderem eine Konsolidierung der beiden ungenügend ausgelasteten Hauptstandorte Zofingen und Felben vertieft geprüft wird. Insgesamt könnten von der Restrukturierung weltweit bis zu 550 Arbeitsplätze betroffen sein.  Eine Entscheidung wird in den nächsten Monaten erwartet."