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(15.03.2013 / atz)

Mehr Volumen und weniger Aufwand mit liegenden Seiten

Im Akzidenz-Rollenoffset gibt es derzeit mehrere Trends: Zum einen möglichst hoher Seitenausstoß je Zylinderumdrehung mit bis zu 96 Seiten im stehenden Format (Long Grain), zum anderen möglichst hohe Qualität, Produktionsflexibilität und Wirtschaftlichkeit durch geringen Rüstaufwand bei kleinen Auflagen bis unter die 10.000er-Grenze.

Auf den zweiten Trend ist die moderne 16-Seiten-Rotation KBA C16 ausgerichtet. Auch sie arbeitet mit stehenden Seiten, also mit auf den Druckplatten in Papierlaufrichtung angeordneten Druckseiten. Weniger bekannt und verbreitet sind Doppelumfangmaschinen im liegenden Format (Short Grain), also mit Druckseiten quer zur Papierlaufrichtung. Sie haben in puncto Formatflexibilität und Produktivität – auch durch Zeiteinsparung bei der Weiterverarbeitung – ein enormes Potenzial. Darauf basiert das Konzept der neuen KBA C56 SG für 56 Seiten im liegenden Format, die seit einiger Zeit zusammen mit einer C48 SG (48 Seiten im liegenden Format) beim langjährigen holländischen KBA-Großkunden Em. de Jong in Baarle-Nassau produziert.

Short Grain bedeutet Produktivitätszuwachs

Begrenzt wird die maximale Fortdruckleistung durch die maximal mögliche Papierbahngeschwindigkeit. Dabei könnten die heute bei modernen Anlagen wie der C16 oder der C56 SG vom Rollenwechsler bis zum Falzapparat üblichen Einzelantriebe noch höhere Geschwindigkeiten realisieren als dies die physikalischen Eigenschaften der eingesetzten Papiere in puncto Stabilität, Dehn- und Schrumpfverhalten zulassen. Die Maschinen im liegenden Format können wegen der geringeren Zylinderumfänge gegenüber Maschinen im stehenden Format bei gleicher Papierbahngeschwindigkeit etwa 30 Prozent mehr gedruckte Abschnitte je Stunde produzieren.

Vergleicht man z. B. eine 96-Seiten-Maschine im stehenden Format mit einer 56-Seiten-Maschine im liegenden Format, hat die 96-Seiten-Maschine ca. 40 Prozent mehr Seitenkapazität auf dem Zylinder. Aufgrund der höheren Zylinderdrehzahl der KBA C56 SG liegt der stündliche Seitenausstoß der 96-Seiten-Anlage aber nur knapp 10 Prozent höher. Die Formatgröße alleine entscheidet also nicht über die Produktivität einer Akzidenzrotation. Dies wird in der Diskussion zuweilen übersehen.

3. Falz fällt weg

Ein weiterer Produktionsvorteil liegender Seiten zeigt sich im Falzapparat. Während im stehenden Format die Produktivitätsschwelle 3. Falz immer zwingend notwendig ist, kommt man im liegenden Format bei DIN A4- oder A4 ähnlichen Produkten ohne diesen aus. Aus physikalischen Gründen ist der 3. Falz herstellerunabhängig ein Flaschenhals. Bevor das Produkt in die Falzauslage gelangt, erhält der bedruckte Abschnitt erst einen Längsfalz (Trichterfalz), dann einen Querfalz (1. Querfalz) und schließlich noch einen 2. Längsfalz, den sogenannten 3. Falz. Jede mechanische Einwirkung auf das Papier bringt aber eine physikalische Belastung, die insbesondere bei hohen Seitenumfängen die maximal mögliche Fortdruckgeschwindigkeit einschränkt.

Anders bei liegenden Seiten: Die Papierbahn wird aufgeschnitten und strangweise verarbeitet. Hier werden nur der 1. Längsfalz und der 1. Querfalz benötigt, um Produkte analog zum stehenden Format zu erzeugen. Diese Papierbahnverarbeitung ist ähnlich der im Illustrationstiefdruck. Dort haben die KBA TRB-Rotationen schon vor vielen Jahren Papierbahngeschwindigkeiten von 17 m/s und mehr erreicht. Das damals gewonnene Know-how hat der Hersteller nach eigenen Angaben in die heutigen Akzidenz-Überbauten und Falzapparate mit Erfolg einfließen lassen.

Enorme Produktvielfalt und weniger Arbeit in der Weiterverarbeitung

Ein Ergebnis ist die von Druckern in aller Welt geschätzte einzigartige Ergonomie und Zugänglichkeit des KBA-Überbaus. Wer einmal Stränge eingezogen oder alte Papierbahnen entfernt hat, weiß großzügige Platzverhältnisse zu schätzen. Dies wird bei KBA-Rotationen traditionell berücksichtigt und führt dazu, erforderliche Arbeiten bequem und ohne große Hindernisse durchführen zu können. Unterstützt wird dies im besonderen Maße durch die fliegend gelagerten Wendestangen. Die Überbaukonfiguration bei der C48 SG ermöglicht die Produktion mit bis zu sechs Strängen. Bei der C56 SG können bis zu acht Stränge über einen Trichter verarbeitet werden. In Kombination mit optionalen Zusatzaggregaten wie Skip Slitter (Foto), Strang- und Lagenheftapparat kann hiermit eine enorme Produktvielfalt erzeugt werden.

So können beispielsweise bei maximaler Geschwindigkeit geheftete A4-Produkte in gefalzte A3-Umschläge inline verarbeitet werden. Dabei handelt es sich meist um typische Werbeprodukte großer Supermarkt- und Versandhausketten mit innenliegendem gehefteten Beileger. Dies macht das zeitintensive Einstecken von Beilegern in das Hauptprodukt in einem separaten Arbeitsgang überflüssig. Einstecklinien in der Weiterverarbeitung sowie das kostenintensive Vorproduzieren und Zwischenlagern der Halbfertigprodukte bis zur Weiterverarbeitung sind bei dieser Produktionsvariante nicht mehr notwendig.

Produktionsvielfalt macht natürlich nur Sinn, wenn auch die Druckqualität stimmt. Dabei ermöglicht die von KBA entwickelte und schon vor gut 15 Jahren in den Markt eingeführte Metalldrucktuchtechnologie ein besseres Umfangsregister als die Sleeve-Technologie. Im Gegensatz zu Sleeves kann sich bei Metalldrucktüchern keine sog. Welle bilden, da das Metalldrucktuchende in den Gummituchkanal eintauchen kann.

Automatisierung macht auch bei hohen Auflagen Sinn

Vollautomatische Plattenwechsler sind bei kleinen und mittleren Auflagen heutzutage nicht mehr wegzudenken. Bei großen Auflagen jenseits der 250.000er-Marke fallen die dadurch verkürzten Rüstzeiten wirtschaftlich weniger ins Gewicht, dagegen die höhere Prozessstabilität. So wird z. B. das beim manuellen Plattenauflegen durch die Bediener eher mögliche Beschädigen der Druckplatten vermieden. Dabei sollte man nicht außer Acht lassen, dass an der C48 SG das Plattenformat 890 x 2.060 mm und an der C56 SG 890 x 2.280 mm beträgt. Dies ist etwas mehr als eine normale Zimmertür. KBA bietet deshalb Plattentransporthilfen vom Belichter in die unteren bzw. oberen Druckeinheiten an.

Bei allen neuen KBA-Akzidenzrotationen ist die Hochlaufphase der Maschine automatisiert und steuerungstechnisch optimiert, um insbesondere die Makulatur zu minimieren und dem Drucker ein standardisiertes Anfahren und Anhalten der Maschine zu ermöglichen.  Mit sieben Minuten für einen Jobwechsel inklusive Papier- und/oder Bahnbreitenwechsel (ohne Veränderung der Strangführung) setzt KBA im 16-Seiten Akzidenz-Rollenoffset ein Benchmark. Dies kann wahlweise mit einem simplen Knopfdruck oder automatisch bei Erreichen der Sollauflage geschehen. Der sog. Easy Paper Change wird dadurch ermöglicht, dass KBA die eigenen Rollenwechsler vollständig in den Leitstand und die Steuerung integriert hat und dadurch eine vollständige Systemintegration erreicht. Dies ist bei Mitbewerbern oft nicht der Fall.

Die C56 SG bei Em. de Jong in Baarle-Nassau ist bisher die einzige Maschine weltweit mit 56 Seiten im liegenden Format bei einer Bahnbreite von 2.280 mm. Das Interesse an den High-Volume-Rotationen im liegenden Format ist hoch und es wird sicher schon bald weitere Druckhäuser geben, die in diese auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten attraktive Technologie von KBA investieren.