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(22.02.2013 / atz)

Startschuss für den digitalen Zeitungsdruck in Deutschland

Startschuss für eine neue Technologie: Am 15. Februar hat die erste digitale Zeitungsdruckerei Deutschlands ihren Betrieb aufgenommen. Die NP Newsprint Berlin GmbH ist eine Tochter des Verlagsdienstleisters IPS Gruppe (Meckenheim), der mit dem Unternehmen Newsprint Italia bereits seit Januar 2012 Zeitungen digital in Rom und Mailand druckt.

Der erste deutsche Druckstandort wurde nun in den Räumen des Berliner Presse-Grossisten V.V. Vertriebs-Vereinigung eingerichtet und soll als Joint Venture der Unternehmen V.V. und IPS betrieben werden. Technologiepartner sind Kodak (Drucktechnik) und Hunkeler (Finishing). Mit derzeit sechs deutschen und internationalen Verlagen mit rund zwölf Zeitungen sind Druckaufträge vereinbart, die noch im Detail fixiert werden müssen. Dem Auftakt in Berlin sollen noch in diesem Jahr weitere Kooperationen mit Druckstandorten in deutschen Großstädten folgen.

Zum Auftakt nutzen die neue Technologie vorwiegend Regionalzeitungen, die in der Hauptstadt vertreten sein wollen. Der Digitaldruck bietet ihnen besondere Vorteile: Aktualität wie im Heimatmarkt, regional und saisonal flexible Auflagensteuerung, rentable Vermarktung von Kleinauflagen, für die sich der Transport nicht lohnt. Mehrere Zeitungen kommen jetzt erstmals auf den Berliner Markt, andere kehren nach Berlin zurück oder haben ihre Auflage für Berlin und Umgebung auf Digitaldruck umgestellt. Voraussetzung für diesen Schritt war für viele Verlage auch die erhebliche Steigerung der Druckqualität: Die vom deutschen Zeitungsdruck-Pionier NP Newsprint Berlin gedruckten Auflagen können in der optischen und haptischen Qualität problemlos mithalten. Anders als beim Offsetdruck färbt die Druckerschwärze nicht ab.

Die Zeitungen werden von der V.V. Vertriebs-Vereinigung in ihrem gesamten Vertriebsgebiet im ehemaligen Westteil Berlins ausgeliefert. Außerdem ist eine Abo-Zustellung am Erscheinungstag geplant. Der Druck auf dem Gelände der V.V. Vertriebs-Vereinigung in Berlin-Schöneberg ermöglicht eine perfekte Einbindung in Vertrieb, Logistik und PoS-Marketing. Der Grossist kann Produktion und Tourenplanung aufeinander abstimmen und Zeitungsauflagen gemäß dem von ihm vor Ort ermittelten Bedarf in der Höhe festlegen und verteilen. IPS sorgt als Deutschlands größter unabhängiger Nationalvertrieb gemeinsam mit der V.V. Vertriebs-Vereinigung Berlin für die zuverlässige, regional und saisonal flexibel regulierbare Lieferung in weitere Gebiete von Dresden bis nach Hannover, Hamburg und an die Ostseeküste.

NP Newsprint Berlin druckt mit dem System Kodak Versamark VL4200. Die Finishing-Technik kommt vom Schweizer Unternehmen Hunkeler. Die Berliner Druckerei verfügt derzeit über eine Druckkapazität von jährlich rund 300 Millionen Seiten. Neben der rentablen Vermarktung kleiner Auflagen bietet der Digitaldruck einen weiteren entscheidenden Vorteil: die vertrieblichen Steuerung der Produktion. Zeitungen werden genau nach Bedarf produziert, und die Produktion kann sehr schnell aktuelle Vermarktungschancen (etwa zu Sportveranstaltungen und vergleichbaren Events) aufgreifen. Zudem können Verlage Zeitungsexemplare personalisieren und beliebige Inhalte – etwa die Wettervorhersage – an das jeweilige Verteilungsgebiet anpassen. Anzeigenflächen können vom Druckdienstleister gebündelt und zeitungsübergreifend vermarktet werden.

"Wir drucken nur das, was wir verkaufen können", sagt NP Newsprint Berlin-Gründer und -Geschäftsführer Dieter Wirtz. "Und wichtiger noch: Was wir verkaufen können, das drucken wir auch. Digitaler Zeitungsdruck hat das Potenzial, den Zeitungsmarkt erheblich zu verändern. Was wir in Berlin beobachten, wird mittelfristig für viele Ballungsräume gelten. Verlage werden außerhalb ihres Kernverbreitungsgebietes Präsenz  zeigen, wann und wo immer es sich lohnt. Und dank des Digitaldrucks lohnt es sich schon bei sehr geringen Stückzahlen."

"Der Start in einem attraktiven Markt wie Berlin steigert aber nicht nur die Verkaufserlöse", so Andreas Zink, Geschäftsführer der V.V. Vertriebs-Vereinigung. "Er trägt auch zur Erweiterung unseres Dienstleistungsangebotes für nationale und internationale Verlage bei"

IPS-Gründer Wirtz will nach dem Berliner Modell weitere Kooperationen in die Wege leiten und bereits in diesem Jahr mit mehreren deutschen Presse-Grossisten Standorte für den digitalen Zeitungsdruck etablieren. Für die ersten beiden Quartale 2013 geplant sind Druckereien in München (Kooperation mit dem Grossisten Presse-Vertrieb Trunk)  und Frankfurt am Main (Kooperation mit dem Grossisten PVG Presse-Vertriebs-Gesellschaft). Langfristiges Ziel ist eine großflächige vertriebliche Abdeckung durch digitale Druckstandorte in Deutschland und darüber hinaus.

"Digitaler Druck von Presseprodukten bündelt die Stärken von Print und Internet", sagt Wirtz. "Wenn sich die Technologie im Gesamtmarkt durchsetzt, kann der Handel für jede Verkaufsstelle aus dem weltweiten Presseangebot genau die Produkte zusammenstellen, die sich dort zu jedem beliebigen Zeitpunkt verkaufen lassen. Die universale Verbreitung digital publizierter Inhalte verbindet sich also mit Print-Haptik und -Komfort."

V.V.-Geschäftsführer Zink nennt einen weiteren Vorteil: "Die rentable Produktion kleiner Auflagen ermöglicht auch die Entwicklung neuer Produkte, die viel feiner an Leserbedürfnisse angepasst sind. Dank Digitaldruck können Verlage etwa den Trend zu hyperlokalen Angeboten, den wir online beobachten, auch im Printmarkt aufgreifen. Eine Zeitung mit fünf Stadtteilausgaben könnte auch fünfzehn haben. Betreiber von hyperlokalen Webportalen könnten passende Printtitel beim Grossisten drucken lassen, um mehr Leser für ihre Anzeigenkunden zu erreichen."

Die Ausdehnung in andere europäische Gebiete treibt IPS parallel voran. Newsprint Italia druckt seit Anfang März 2012 in Rom, seit Mitte Juni 2012 in Mailand. Zu den Kunden gehören die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", die "Süddeutsche Zeitung", "USA Today", "De Telegraaf", "Daily Telegraph" und viele weitere international renommierte Zeitungen.

In Berlin druckt NP Newsprint übrigens nicht nur Zeitungen, sondern auch andere Produkte: etwa Händlerschürzen (Plakate für Zeitungshändler) für bekannte Zeitungstitel. Die überlegene Flexibilität des Digitaldrucks bei kleinen Stückzahlen ermöglicht Produktion und Verteilung von Händlerschürzen, die mit unterschiedlichen Schlagzeilen präzise auf die Leserstruktur der jeweiligen Berliner Stadtteile zugeschnitten sind.