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(19.01.2013 / atz)

Bielomatik erschließt sich neuen Wachstumsmarkt

Der Fachverband Druck- und Papiertechnik im Verband der Deutschen Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) setzt seine Interviewreihe mit Exponenten der deutschen Papier- und Druckmaschinenindustrie fort. Die Serie steht unter dem Titel "Blick nach vorn - Die Zukunft von Druck und Papier".

Neue Medien, neue Technologien und eine Verschiebung der Märkte haben die deutsche Druck- und Papiertechnik verändert. Die Unternehmen dieser Branche stellen sich den Herausforderungen und erkennen immer mehr auch die Chancen dieser Veränderung. Der VDMA stellt in seiner Interview-Serie einige Unternehmen vor. Pro Monat wird ein Interview mit einem Vertreter der Branche veröffentlicht - aktuell mit Dirk Vößing (Foto), als Geschäftsführer der Firma Bielomatik zuständig für die Sparte Papier- und Materialwirtschaft. Bielomatik stellt unter anderem Papierverarbeitungsmaschinen her – von der Rolle bis zum Endprodukt.

Herr Vößing: Für viele Industrieunternehmen ist Afrika noch immer ein weißer Fleck auf ihrer Vertriebskarte. Bielomatik ist auf dem schwarzen Kontinent schon seit Jahren vertreten. Warum?

Vößing: Wir liefern nach Afrika vor allem Maschinen für die Schulheftherstellung. Dort gibt es einen enormen Nachholbedarf an Bildung. Das ist von vielen Regierungen dieser Entwicklungsländer inzwischen erkannt worden. In der Folge gibt es eine starke staatliche Förderung. Wenn wir, zum Beispiel, eine Maschine nach Kenia verkaufen, wissen wir, dass sie auch bezahlt wird, da unser Kunde schon Aufträge vom Staat für die Schulheftproduktion hat.

In den Industriestaaten geht die Nutzung von Schulheften zurück.

Vößing: Das ist richtig bei den weiterführenden Schulen. In Europa ist ein Wandel bereits im Gange weg vom Papier und hin zu elektronischen Geräten. Aber für die Grundschulen stimmt das nicht. Kinder, die man ans Lesen und Schreiben heranführt, lernen besser auf Papier. Zuletzt haben zentraleuropäische Kunden wieder verstärkt in Maschinen zur Schulheftherstellung investiert. Dennoch liegt unser Kernfokus auf der Südhalbkugel. Ein afrikanisches Kind, das noch nicht einmal Schuhe besitzt, ist kurz- und mittelfristig schwer mit einem iPad in der Hand vorstellbar.  

Wie sehen Sie die Zukunft von Papier?

Vößing: In den heutigen Industrieländern wird die Papierproduktion wohl zurückgehen. Aber viele bevölkerungsreiche Entwicklungs- und Schwellenländer haben noch einen weiten Weg vor sich. Sie werden so schnell nicht auf Papier verzichten können. In China, beispielsweise, oder in Südamerika wird die Papierproduktion in den kommenden zehn bis 15 Jahren noch steigen. Für uns bei Bielomatik ist es vor allem wichtig, dort die richtigen Produkte anzubieten.

Das muss man immer. Welche Produkte passen denn in den Schwellenländern?

Vößing: Entscheidend ist die Lohnkostenstruktur. Auf dem größten Teil der Südhalbkugel sind die Löhne niedrig. Unsere dortigen Kunden legen daher nicht soviel Wert auf einen hohen Automatisierungsgrad. Sie haben auch gar nicht die Fachkräfte, die solche High-end-Maschinen bedienen oder warten könnten. Also bekommen sie Maschinen, die vergleichsweise günstig in der Anschaffung sind und die ihre Leute bedienen können.

Aber die Lohnkosten steigen mit zunehmendem Entwicklungsgrad.

Vößing: In den Entwicklungsländern, auch in den Schwellenländern, wird vieles noch manuell gefertigt oder höchstens mit Halbautomaten. Wenn im Zuge der Lohnkostensteigerung die Automatisierungsanforderungen steigen, und zwar nicht gleich zum Spitzenprodukt, sondern erst einmal zum einfachen Vollautomaten, dann sehen wir dort unsere Chance. Wir wollen Märkte erreichen, die noch Volumen bieten. Meines Wissens kann kein deutscher Maschinenbauer im Papierumfeld von den europäischen und nordamerikanischen Märkten allein noch leben.

Wie ist Bielomatik im weltgrößten Papiermarkt China aufgestellt?

Vößing: In China haben wir im Papierbereich einen großen Teil des Marktes verloren – und zwar aus einem einfachen Grund. Die Chinesen kaufen immer häufiger unsere Gebrauchtmaschinen, zerlegen sie und bauen sie nach. Das hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Dadurch verlieren wir Marktanteile in China. Aber die eigentliche Gefahr sehen wir woanders. Kritisch wird es, wenn die Chinesen anfangen, ihre billigen Maschinen in die Märkte zu exportieren, die für uns wichtig sind. Das heißt für uns vor allem: Afrika.

Welches Rezept gibt es dagegen?

Vößing: Wir müssen aufpassen, dass die Schere zwischen den Preisen von Bielomatik-Maschinen und chinesischen nicht zu groß wird. Dazu müssen wir die Kosten weiter senken. Aber vor allem müssen wir in puncto Produktivität und Leistungsfähigkeit deutlich besser sein als die Chinesen. Da sehen wir den Hebel, den wir ansetzen können. Dazu gehört auch eine Verbesserung und Ausdehnung unseres Services. Wir werden deshalb künftig einen eigenen Servicestandort in Nairobi eröffnen. Afrika öffnet sich immer mehr. Wir haben 2012 die erste Maschine in den Tschad geliefert. So kommt Land für Land hinzu. Für Bielomatik ist Afrika der Wachstumsmarkt Nummer eins.

Auf einen Blick

Bielomatik war in den Anfängen ein reines Ingenieurbüro. Heute ist Bielomatik ein Maschinenbaubetrieb mit weltweit neun Standorten, an fünf davon wird produziert. Rund 700 Mitarbeiter haben 2012 einen Umsatz von 175 Millionen Euro erwirtschaftet.