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(29.09.2022 / sbr)

Digitalisierung im Mittelstand: Unternehmen brauchen höheres Digitalisierungsbudget

Deutschlands mittelständische Unternehmen führen ihre Digitalisierung fort und sehen die digitale Transformation zunehmend als Chance für das eigene Geschäftsmodell. Die Corona-Krise wirkt dabei als Katalysator, der dauerhafte Veränderungen bewirkt hat: Viele Betriebe wollen die Digitalisierungsmaßnahmen, die sie während der Pandemie eingeführt haben, beibehalten. Das zeigt die jährliche Umfrage, die Star Finanz unter rund 10.500 deutschen Unternehmen durchgeführt hat. Zudem stellt sich heraus: Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen sehen Bedarf für ein höheres Budget für die Digitalisierung.

In ihrer bereits vierten Umfrage wollte die Star Finanz herausfinden: Wie verändert sich die Haltung der mittelständischen Unternehmen zur digitalen Transformation im Laufe der Zeit und vor allem angesichts der Corona-Pandemie? Hält die Digitalisierungsdynamik weiter an, haben sich Unternehmen für den Moment angepasst und sehen keine Notwendigkeit weiterer Maßnahmen? Und inwiefern sind sie im New Normal angekommen? Die Ergebnisse zeigen: Insgesamt stehen Unternehmen der Digitalisierung weiterhin positiv gegenüber und der Anteil der Unternehmen, die sie als Chance für ihr Geschäftsmodell sehen, bleibt auch dieses Jahr bei 89 Prozent.

Digitalisierung von Prozessen wichtigste Aufgabe

Im Allgemeinen beschäftigt das Thema Digitalisierung eine zunehmende Zahl der Verantwortlichen in den befragten Unternehmen: 82 Prozent befassen sich mit der digitalen Transformation, eine Zahl, die gegenüber dem Vorjahr um zwei Prozentpunkte zugenommen hat. Von den 18 Prozent, die sich nicht mit der Digitalisierung befassen, sieht ein größerer Anteil (51 Prozent gegenüber 49 Prozent im Vorjahr) durchaus die Notwendigkeit – jedoch fehlen Zeit und Ressourcen (40 Prozent beziehungsweise 15 Prozent).

Die Digitalisierung bestehender Prozesse gewinnt bei Unternehmen weiter an Bedeutung: Während 2021 noch 81 Prozent der Befragten diesen Aspekt betonten, sind es in diesem Jahr 83 Prozent. In den meisten anderen Bereichen ist der Trend dagegen abnehmend oder stagniert. So steht die Veränderung bestehender Geschäfts- und Preismodelle nur noch für 28 Prozent der befragten Unternehmen im Mittelpunkt – vier Prozentpunkte weniger als im Jahr zuvor und sogar weniger als vor der Pandemie, als noch 30 Prozent der Umfrageteilnehmer dieses Thema in den Fokus rückten. Ähnlich verhält es sich mit Onlinemarketing, dem Einsatz neuer Tools und der Analyse von Daten. Diese Bereiche stellen heute für weniger Unternehmen eine Priorität dar. Dies könnte zum Einen daran liegen, dass bestimmte Vorgänge – wie etwa der Einsatz neuer digitaler Tools oder Onlinemarketing – seit dem Eintreten der Pandemie und dem damit einhergehenden Digitalisierungsschub bereits gut etabliert sind und Unternehmen keinen weiteren Bedarf sehen. Was jedoch noch wahrscheinlicher ist: Die Steigerung der Effizienz bei gleichzeitiger Kostensenkung steht für Unternehmen an oberster Stelle – und genau dies wird durch Prozessdigitalisierung erreicht. Denn dabei werden unter anderem manuelle, siloartige Prozesse durch funktionsübergreifende digitale Workflows ersetzt und so die Produktivität gesteigert. Gleichzeitig werden Unternehmen befähigt, schneller auf sich ändernde Marktbedingungen und Kundenanforderungen zu reagieren – und auf diese Weise im digitalen Zeitalter konkurrenzfähig zu bleiben.

Interessant ist zudem: Gemessen an den Vorjahren erwarten heute weniger Unternehmen, dass die Digitalisierung ihr Geschäftsmodell in den kommenden fünf Jahren verändert. Der Anteil jener, die eine Veränderung erwarten, beträgt in diesem Jahr 42 Prozent – gegenüber 45 Prozent im Vorjahr und 46 Prozent im Jahr 2020.

54 Prozent benötigen höheres Digitalisierungsbudget

Dennoch sieht ein zunehmender Anteil der Befragten im Hinblick auf die digitale Transformation ihrer Unternehmen Handlungs- und Anpassungsbedarf, und zwar bei allen abgefragten Aspekten. An vorderster Stelle stehen dabei mit 76 Prozent beziehungsweise 61 Prozent die Fähigkeiten der Mitarbeiter und die Organisation der Führung (Vorjahr: 61 Prozent beziehungsweise 51 Prozent), gefolgt vom Internetauftritt und der Unternehmenskultur (38 Prozent beziehungsweise 33 Prozent).

Star Finanz fragte dieses Jahr außerdem zum ersten Mal nach dem Budget für Digitalisierungsmaßnahmen und digitale Tools. Das Ergebnis: 54 Prozent der führenden Angestellten geben an, dass sie ein höheres Budget für digitale Tools benötigen.

Digitalisierung über die Pandemie hinaus

Auch wenn die Pandemie und die dazugehörigen Maßnahmen allmählich zur Normalität geworden sind, haben sie einen digitalen Transformationsprozess angestoßen, der sich kontinuierlich fortsetzt und beschleunigt. So nimmt die Zahl der pandemiebedingten Digitalisierungsmaßnahmen in Betrieben weiter zu: Der Anteil der Unternehmen, die beispielsweise Homeoffice-Möglichkeiten ausbauen und den Einsatz digitaler Tools bei der Zusammenarbeit verstärken, wächst weiter – von 38 Prozent im Jahr 2021 auf 45 Prozent im Jahr 2022 beziehungsweise von 38 Prozent im Vorjahr auf 40 Prozent im laufenden Jahr.

Doch wie nachhaltig sind die Veränderungen? Erstmals fragte die Star Finanz auch, welche der mit der Pandemie eingeführten Digitalisierungsmaßnahmen die Unternehmen auch über die Pandemie hinaus langfristig beibehalten wollen. Es zeigt sich: Vor allem die Möglichkeit zum Homeoffice und der Einsatz digitaler Tools wie Anwendungen für das Aufgaben- und Projektmanagement oder Videokonferenzen sind zu einem festen Bestandteil des Arbeitsalltags geworden. Jeweils 44 Prozent der befragten Unternehmen wollen diese Maßnahmen auch weiterhin beibehalten, unabhängig von der weiteren Entwicklung der Pandemielage.

Erfreulich ist, dass die negativen Auswirkungen der Corona-Krise allem Anschein nach allmählich nachlassen. So hat sich die Zahl der Unternehmen, die ihre Angestellten auch dieses Jahr in Kurzarbeit geschickt haben, weiter auf 26 Prozent reduziert. Im vergangenen Jahr waren es noch 29 Prozent, im Jahr 2020 sogar ganze 44 Prozent. Auch wurden weniger Mitarbeiter gekündigt: Vier Prozent der in diesem Jahr befragten Führungskräfte gaben an, Mitarbeiter entlassen zu haben, eine Reduzierung von zwei Prozentpunkten gegenüber 2021 und von drei Prozentpunkten im Vergleich zu 2020 (7 Prozent).

Mittelstand braucht verlässliche und kompetente Digitalisierungspartner

Die digitale Transformation braucht für die Umsetzung strategische und fachliche Kompetenz. Die Star Finanz wollte wissen: Wie führen Unternehmen ihre digitale Transformation durch und wo holen sie sich Hilfe? Eine wachsende Zahl von Führungskräften ist sich bewusst: Ohne feste Technologiepartnerschaften ist eine Digitalisierungsstrategie nicht umsetzbar. Das geben 50 Prozent der befragten Manager an – eine Zunahme von sechs Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Eine Zusammenarbeit mit FinTechs ziehen mit 42 Prozent gegenüber dem Vorjahresergebnis von 38 Prozent ebenfalls immer mehr Unternehmer in Betracht, je nachdem, um welches Thema es dabei geht.

Sparkassen und Banken können sich ebenfalls unterstützend einbringen. Einerseits nimmt ein steigender Anteil der befragten Mittelständler ihre Bank oder Sparkasse als Beratungspartner in Fragen der Digitalisierung wahr – das sagen 39 Prozent der Umfrageteilnehmer, gegenüber 37 Prozent im Vorjahr und 34 Prozent im Jahr 2020. Andererseits nutzt aber auch eine wachsende Prozentzahl von 22 Prozent (Vergleich: 16 Prozent im Jahr 2021) digitale Finanzservices anderer Anbieter. Gleichzeitig wünschen sich immer mehr Führungskräfte mittelständischer Unternehmen mehr digitale Dienstleistungen von ihrer Bank. Dies betrifft vor allem Bereiche wie Kredite, Cash-Management, Rechnungsservice und Vertragsverwaltung.

Jens Rieken, Geschäftsführer der Star Finanz: „In den Ergebnissen wird deutlich, dass die Digitalisierung in mittelständischen Unternehmen ein anhaltender und langfristiger Prozess ist, der eine erfreuliche Dynamik entwickelt hat. Dennoch muss Digitalisierung weiter gehen. Für große und kleine Unternehmen ist sie sowohl Chance als auch Notwendigkeit. Betriebe müssen eine klare Digitalisierungsstrategie entwickeln und dafür sowohl Expertise als auch Budget bereitstellen – das ist eine große Herausforderung. Positiv ist zu bewerten, dass auch bestehende Prozesse weiter optimiert und digitalisiert werden. Dies ist ein wichtiger Schritt und eine Möglichkeit für Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle, Produkte und Abläufe zu transformieren und sich zukunftssicher aufzustellen.“

Zur Umfrage

Die Star Finanz führt seit 2019 jedes Jahr eine Online-Umfrage unter Einzelunternehmern, mittelständischen Firmen und Konzernen in ganz Deutschland durch. Ziel der Umfrage ist es, Erkenntnisse zum Digitalisierungsgrad sowie zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf deutsche Unternehmen zu gewinnen. Insgesamt nahmen in diesem Jahr mehr als 10.500 Firmen an der Befragung teil. Ein Großteil der Unternehmen war im Dienstleistungsbereich tätig (40 Prozent), gefolgt vom Handwerk (19 Prozent). 95 Prozent der Unternehmen existieren bereits länger als zehn Jahre. Insgesamt 64 Prozent der befragten Betriebe haben einen jährlichen Umsatz von weniger als 2,5 Millionen Euro und 77 Prozent haben weniger als 50 Mitarbeiter.