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(09.11.2012 / atz)

Océ und Manroland: Digitaldrucklösungen für die Zeitung

In einem aktuell von Wan-Ifra herausgegebenen Interview erläutert Steffen Dögel (Foto) die Technologie und die Einsatzmöglichkeiten des Océ Jetstream-Digitaldrucksystems mit Manroland-Weiterverarbeitung. Dögel ist Vice President der Business Line Liquid Toner Solutions bei Océ.

Wan-Ifra: Die strategische Zusammenarbeit zwischen Océ und Manroland hat erste Früchte getragen. Was sind die besonderen Merkmale des Jetstream 4300 Drucksystems für den Zeitungsdruck?

Steffen Dögel: Aufgrund seiner hohen Produktivität ermöglicht der Océ Jetstream 4300 den Einstieg in die nationale Zeitungsproduktion. Mit einer Geschwindigkeit vom 200 m/min und einer Druckbreite von 762 mm können bis zu 45.000 24-seitige Tabloid-Zeitungen in einer achtstündigen Schicht gedruckt werden. Diese Auflagenhöhen, verbunden mit den Möglichkeiten variabler regionaler Inhalte oder Anzeigen, werden für Regionalzeitungen zu einem ernst zu nehmenden Geschäftsmodell. Eine weitaus höhere Auflage ergibt sich, wenn digital produzierte Sektionen mit sehr starkem Lokalbezug in offsetgedruckte Titel eingelegt werden.

Dasselbe gilt für zielgruppenorientierte Werbung. Das Qualitätsniveau digital gedruckter Zeitungen ist seit der Einführung neuer farbiger Hochgeschwindigkeits-Inkjetmaschinen gestiegen. Abhängig von der Wahl der Tinte entspricht die Qualität beim Océ Jetstream 4300 voll oder weitgehend dem Offsetstandard. Wie bei allen anderen Inkjet-Systemen von Océ können die Zeitungen auf Original Zeitungspapier auf 45 g/m2 produziert werden. Die Haptik entspricht damit dem Offset-Druck.

In der Zusammenarbeit mit Manroland Web Systems können wir mit der printnetwork bridge die Vernetzung des Workflows inklusive des Falzapparates bzw. der Endnachverarbeitung anbieten. Der vollautomatische Workflow sowie die automatisch umstellbare Falztechnologie beschleunigen den Arbeitsprozess und es kann eine größere Vielzahl von Druckaufträgen am Tag produziert werden. Die Falztechnologie von Manroland Web Systems ist zudem variabel in der Abschnittslänge und -breite. Demnach kann jedes Produkt eine unterschiedliche Größe haben und Broschüren, Zeitschriften oder Flyer lassen sich problemlos nacheinander drucken. Die Aufträge sind voreingestellt und die Anpassung der Länge und Breite erfolgt dann automatisch. Ferner können wir zusammen eine Lösung für den Buchdruck anbieten, indem fertige  Bücherblocks mit Leimung erstellt werden.

Wan-Ifra: Digitaldruck ist ein Gattungsbegriff für eine Reihe unterschiedlicher Technologien und auch beim Inkjet gibt es verschiedene Varianten. Welche Inkjet-Technologie kommt bei der Jetstream 4300 zur Anwendung und was sind ihre Vorteile gegenüber anderen Technologien?

Dögel: Bei der Océ Jetstream-Familie und den Océ Colorstream 3000-Modellen kommt die Océ DigiDot Drop-on-Demand-Technologie zum Einsatz. Damit können unterschiedliche Tröpfchengrößen gedruckt werden. In Verbindung mit der Océ- Multilevel-Technologie wird eine Druckauflösung erreicht, die einer optischen Auflösung von 1200 x 1200 dpi entspricht. Dies wiederum ermöglicht scharfe Kanten und gleichmäßige Strukturen bei Grafiken oder Bildern, was im Zeitungsmarkt bezüglich der Lesbarkeit eine wesentliche Rolle spielt.

Wan-Ifra: Digitaldruck für Zeitungen, das beinhaltete für den Verlag bislang meist die Bereitstellung internationaler Titel in geringen Stückzahlen in Urlaubsregionen, um am A-Tag vertreten zu sein. Das scheint bei Ihrer ersten Installation der neuen Jetstream bei Rivet Edition Presse in Frankreich anders gelagert zu sein. Was unterscheidet dieses Geschäftsmodell für den digitalen Zeitungsdruck von den bisher praktizierten?

Dögel: Diese Annahme ist korrekt. Derzeit wird die große Mehrheit digital produzierter Zeitungen für die internationale Verteilung gedruckt. Die typische Auflage pro Tag und Titel liegt zwischen 50 und 1000 Exemplaren. Die Gesamtproduktion der momentanen Installationen bewegt sich in der Regel zwischen 2000 und 8000 Zeitungen pro Tag. Für diese kleinen Auflagen in internationalen Märkten ist der Digitaldruck die einzige wirtschaftliche Option, die die Verfügbarkeit der Zeitungen am Erscheinungstag ermöglicht, vor allem, wenn man noch die Transportkosten von einem Land ins andere bedenkt. In diesem Geschäftsmodell werden die Zeitungen in der Regel mit statischen Inhalten gedruckt. Verlage wollen die Produktion weltweit mit gleichen Standards und Inhalten fahren.

Dies ist im nationalen Zeitungsdruck anders. Hier ergibt sich für regionale Verlage die Möglichkeit, Inhalte variabel oder personalisiert zu gestalten. Das ermöglicht den Verlagen, ihr Serviceangebot in den Heimatmärkten anzureichern, indem sie Offset- und Digitalproduktion in neuen Geschäftsmodellen wie Micro-Zoning und Personalisierung kombinieren. Außerdem ergibt sich durch die Just-in-Time-Produktion ein Potenzial, Logistik- und Lieferketten zu optimieren. Dies gilt auch für nationale Titel, die regional produziert werden. Dieses Geschäftsmodell wird Rivet Presse Edition implementieren.

Wan-Ifra: Ein großer Vorteil des Digitaldrucks ist die Variabilität der Inhalte, was nicht nur jederzeitige Aktualisierungen, sondern auch zielgruppenspezifische Werbung und Personalisierung ermöglicht. Welche Voraussetzungen sind dazu in Bezug auf Bereitstellung und Verarbeitung von Kunden- und Vertriebsdaten zu erfüllen?

Dögel: Es ist richtig, dass die Vorteile des Digitaldrucks die Variabilität der Inhalte bei jederzeitigen Aktualisierungen und auch zielgruppenspezifische Werbung und Personalisierung beinhalten. Océ hält Patente bezüglich der Verfahren im personalisierten Zeitungsdruck, die bei entsprechenden Projekten zum Einsatz kommen. Im Prinzip kann im Digitaldruck jedes Exemplar andere Inhalte haben. Wesentlich ist, dass die Personalisierung auf Seitenbasis beruht und über PPML-basierte Lauflisten der Zeitungsinhalt aus seitenbezogenen PDF-Dateien generiert wird. Diese Prozesse werden durch die Océ-Workflow-Familie Prisma Production gesteuert und automatisiert. Insbesondere durch die heute sehr kurzen Produktionsfenster für individuelle Auflagen ist eine möglichst vollständige Automatisierung entscheidend. Hinzu kommt bei personalisierten Zeitungskonzepten für die Bestellung der Inhalte ein entsprechendes Web-Portal, welches von spezialisierten Software Firmen geliefert wird. Die vollständige Integration der einzelnen Bausteine erfolgt dann auf Basis von Océ Prisma Production.

Wan-Ifra: Wo sehen Sie Ihren potenziellen Kundenkreis für Digitaldrucksysteme für den klein-auflagigen Zeitungsdruck – bei den Zeitungsverlegern oder bei den Press-Distributoren?

Dögel: Bei der Beantwortung dieser Frage muss zwischen internationalen und nationalen Auflagen unterschieden werden. Im internationalen Bereich werden in der Regel mehrere Titel in kleineren Auflagen in Urlaubsregionen und wirtschaftlichen Zentren gedruckt. Die regionale Logistik erfolgt in der Regel durch spezialisierte Distributoren. Somit kann auch die Produktion durch Distributoren erfolgen. Da eine wirtschaftliche Produktion erst bei einer zwei-schichtigen Auslastung möglich ist, bestehen für das Geschäftsmodell internationaler Zeitungsdruck größere Chancen, wenn diese in Kooperation mit einem Druckdienstleister erfolgt, der das System während der Tagschicht mit anderen Druckprodukten wie Direct Mail und Bücher auslasten kann.

Im nationalen Bereich wird die Produktion schwerpunktmäßig bei spezialisierten Zeitungsdruckereien stattfinden. Diese sind entweder im Verlag angesiedelt oder es handelt sich um eine ausgelagerte Produktion. In diesem Bereich können tagsüber definierte Zeitungssektionen, Beilagen oder Bücher produziert werden.