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(09.01.2019 / sbr)

Konfektionieren im digitalen Workflow

Das Unternehmen schäfer-etiketten GmbH & Co. KG hat zwischen Januar 2017 und April 2018 insgesamt drei neue Verarbeitungssysteme des italienischen Herstellers Prati srl installiert. Im Tausch gegen ältere Anlagen sorgen sie mit ihrer Ausstattung auf dem aktuellen Stand der Technik zunächst für mehr Produktivität. Vor allem aber vollzieht die Etikettendruckerei aus Wolfschlugen damit einen wichtigen Schritt in Richtung digitale Transformation.

Hartmut Wille und Christian Ortlieb, Technischer Leiter und Leiter Konfektion bei schäfer-etiketten, sowie Christoph Kugler, bei der Nilpeter GmbH für das süddeutsche Vertriebsgebiet verantwortlich, erläutern im vorliegenden Beitrag die Details dieses Projekts.

Spezialisierte und beratungsintensive Etikettenlösungen, die vor allem in vier Branchen geliefert werden, sieht schäfer-etiketten als sein Hauptgeschäft. "Die Bereiche Pharma und Kosmetik bilden den Schwerpunkt", erklärt Hartmut Wille, "sie werden ergänzt durch Etiketten für Lebensmittel und Chemieprodukte. Um unsere Stärken in Zukunft weiter ausbauen zu können, haben wir die technische Ausstattung im Bereich der Konfektionierung mit drei neuen Systemen von Prati auf den aktuellsten Stand gebracht." Im Januar 2017 wurde ein Schneid- und Inspektionssystem vom Typ Saturn BiDi und nur zwei Monate später eine Saturn BKL installiert. Im April 2018 folgte schließlich das jüngste System, eine Saturn BiDi Futura. Alle drei Maschinen sind mit dem vollautomatischen Messersystem 'Fast Cut' und einem Kamerasystem von Nikka zur 100-Prozent-Kontrolle ausgerüstet. Die beiden Modelle vom Typ Saturn BiDi erlauben einen bidirektionalen Bahnlauf. Diese Rückzug-Funktion ist Voraussetzung für eine pharma-gerechte Prüfung.

Die Saturn BKL verfügt über einen speziell modifizierten Bahnlauf und eine angepasste Software, die auf die Verarbeitung von mehrlagigen Produkten ausgelegt ist. Sie wird bei schäfer-etiketten für die Produktion von Booklets eingesetzt – oder auch für Anwendungen in der Kosmetik-Branche, bei denen z.B. eine 100-Prozent-Textkontrolle gefordert wird.

Gesamtkonzept überzeugt

Mit den Installationen reagierte das Unternehmen zum einen auf die deutlichen Zuwächse an Aufträgen aus dem Segment Pharma. Außerdem stand der Ersatz älterer Systeme an, da diese nicht über eine Kamera-Kontrolle verfügten. Die Möglichkeit zur Nachrüstung sowie die Belieferung mit Ersatzteilen war nicht mehr gegeben, weil die Herstellerfirma mittlerweile den Betrieb eingestellt hatte.

Vor der Investition in Prati-Maschinen absolvierte die Druckerei ein Auswahlverfahren, bei dem die in Wolfschlugen genutzten Systeme unterschiedlicher Lieferanten sowie weitere Anbieter im Markt verglichen wurden. Am Ende fiel die Entscheidung auf das Konzept von Prati, da es in der Gesamtbewertung am meisten überzeugte.

Zukunftsorientierte Lösungen für die digitale Transformation

Während der Evaluierungsphase stand schäfer-etiketten vor allem im Dialog mit der Nilpeter GmbH, die seit 2010 Vertrieb und Service des kompletten Produkt-Portfolios von Prati in den Märkten Deutschland, Östereich und der Schweiz verantwortet. Wesentliche Auswahlkriterien waren Aspekte wie eine kontrollierte Wickelhärte, eine hohe Präzision bei der Positionierung des Schnitts und minimierte Rüstzeiten, so Hartmut Wille.

Ein besonderes Augenmerk lag weiterhin auf dem Vorhaben, in Zukunft alle Maschinen im Betrieb hausintern zu vernetzen. Um diese Entwicklung auch im Verarbeitungsbereich voranzutreiben, hat das Unternehmen ein gemeinsames Projekt mit Prati angestoßen. Sämtliche Prati-Maschinen sind mittels E-Ticket-Software über ein Interface mit dem Management-Informationssystem (MIS) von schäfer-etiketten verbunden. Alle Einstellungen, die an den Prati-Maschinen motorisch erfolgen können und zu denen im System Vorgaben bekannt sind, werden über das Netzwerk kommuniziert. Ein Beispiel ist das Format des Etiketts, das aufgrund der Spezifikation typischerweise vorhanden ist. Wird dieser Parameter um den Abstand zwischen den Etiketten ergänzt, resultiert daraus die Rollenbreite. Solche Angaben werden von den Systemen ebenso berücksichtigt wie die Forderung einer bestimmten Wickelhärte.

E-Ticket ist weitaus mehr als das Speichern von Job-Daten

Dieses Vernetzen von Systemen und die Anbindung an Datenbanken ist nach Einschätzung von Christoph Kugler in der Etikettenbranche ein noch ziemlich junges Feld. Zwar gibt es in vielen Fällen bereits Rüstvorgänge, bei denen auf abgespeicherte Daten zurückgegriffen wird, um z.B. die Messer automatisch einzustellen. Das Projekt bei schäfer-etiketten geht allerdings deutlich über dieses Speichern von Job-Daten hinaus. Beim klassischen Speichern der Job-Daten am Ende einer Produktion kommen die Vorteile erst bei einem Wiederholauftrag zum Tragen. Durch die Anbindung an das ERP-System lässt sich bei schäfer-etiketten die automatische Voreinstellung von individuellen Auftrags-Parametern jedoch schon bei jedem Erstauftrag nutzen.

Die Auftragsdaten werden bereits vorab in der Planung angelegt und dem Bediener mit der Lauftasche, auf der sich ein Barcode befindet, zur Verfügung gestellt. Mit Hilfe des Barcodes lassen sich die Auftragsdaten vom Bediener direkt an der Maschine einlesen. Damit stellt sich die Maschine entsprechend der hinterlegten Parameter automatisch ein. Werden während der Produktion Veränderungen an den Maschineneinstellungen vorgenommen, werden die neuen Parameter automatisch im System registriert und im zugehörigen Auftrag hinterlegt. Die kontinuierliche Anpassung der Daten ermöglicht eine laufende und nachvollziehbare Optimierung.

Alle Informationen, die im ERP-System (Enterprise-Resource-Planning) vorhanden sind, stehen gleichermaßen an der Maschine zur Verfügung. Die dadurch verfügbare Datenmenge ist dabei nicht zu unterschätzen. Schließlich werden bei der Erfassung der Aufträge bereits zahlreiche Informationen eingepflegt. Neben den typischen Dimensionsdaten sind das für die Konfektioniermaschine etliche weitere Vorgaben wie der Durchmesser der Hülse, auf die gewickelt werden soll, die Zahl der Etiketten pro Rolle u.v.m.

Damit am Ende die vom jeweiligen Kunden geforderten Parameter einschließlich jeder individuellen Anpassung immer dem richtigen Auftrag zugeordnet sind, setzt die digitale Einbindung der Konfektioniersysteme in den Workflow eine durchgängig logische Struktur voraus. Ihr Aufbau verlangt umfangreiches Know-how bis ins Detail, wenn ein solches System in der Praxis reibungslos funktionieren soll.

Vorab definierte Toleranzwerte

Die 4k-Kamera von Nikka, mit der alle drei Prati-Systeme bestückt sind, verfügt über eine Auflösung, die selbst extrem kleine Staubkörnchen registriert. Wenn allerdings jede theoretisch erkennbare Abweichung von der Referenz zu einem Stopp der Maschine führt, ist in der Praxis keine wirtschaftliche Produktion möglich. Um Anwendern den Spagat zu ermöglichen, definierte Fehler zuverlässig auszuschleusen, aber gleichzeitig auch eine hohe Leistung zu gewährleisten, müssen für das System sinnvolle Toleranzwerte definiert werden. Bei schäfer-etiketten sind Prüfkriterien für die 100-Prozent-Kontrolle zentral hinterlegt, erklärt Christian Ortlieb, Leiter der Konfektionierabteilung in Wolfschlugen. Je nach Kunde und Status des Jobs kann eine Kategorie ausgewählt werden, für die in Zusammenarbeit mit dem Bereich Qualitätsmanagement entsprechende Toleranzwerte festgelegt wurden.

Um einen Auftrag an einem der Prati-Systeme zu bearbeiten, hat der Bediener der Maschine über eine Workstation Zugriff auf die Informationen zum Job. Mit Hilfe eines Barcodes auf der Lauftasche kann er Maschinendaten und Referenzbild laden. Dort ist auch die vordefinierte Kategorie der Toleranzwerte festgelegt, die für diesen Auftrag zu verwenden ist. Je nach Qualität der Mutterrolle können noch individuelle Änderungen erforderlich sein. In diesen Fällen entscheidet das Personal, welche Abweichungen akzeptabel sind und welche als Fehler auszuschleusen sind. Sollte die Menge der Fehlerstopps einer produktiven Verarbeitung im Weg stehen, wird in enger Abstimmung mit dem Qualitätsmanagement entschieden, ob die festgelegten Toleranzen für den laufenden Auftrag individuell anzupassen sind.

Kamerasystem ist für Bediener eine spürbare Erleichterung

Der Einstieg in die Verwendung des Kamerasystems bedeutete für das Bedienpersonal eine Umgewöhnung. Zu Beginn störten sich die Mitarbeiter daran, dass das System im praktischen Einsatz die Produktion behinderte, weil auch kleinere Fehler einen Stopp verursachten. "Inzwischen wird die Nikka-Kamera aufgrund ihrer hohen Genauigkeit aber von den Mitarbeitern als große Erleichterung wahrgenommen", resümmiert Christian Ortlieb.

Ein schrittweises Nachjustieren der Standards in der anfänglichen Lernphase hat am Ende dazu geführt, dass bei den Kunden durch die zuverlässige Kamerakontrolle eine insgesamt höhere Produktqualität ankommt. Seit dem Einsatz der Prati-Systeme hatte schäfer-etiketten keine gravierenden Reklamationsfälle mehr zu verzeichnen. Für das Unternehmen war das auch ein wichtiges Ziel der Investition, weil Kunden mit ihren heutigen Qualitätsansprüchen dieses Niveau an Fehlerfreiheit erwarten.

Gute Bedienbarkeit reduziert Rüstzeiten

"Viel stärker als in jeder anderen Abteilung wird die Planung von Durchlaufzeiten bei der Konfektionierung vom qualitativen Ergebnis des vorausgegangenen Arbeitsschrittes beeinflusst", meint Hartmut Wille. "Das liegt daran, dass bei diesem Produktionsschritt nicht nur konfektioniert, sondern auch kontrolliert wird. Jede detektierte Auffälligkeit führt zunächst zu einem Maschinenstopp. Diese Variable, die eine Produktion spürbar verlangsamen kann, ist nicht kalkulierbar. Die reinen Rüstzeiten lassen sich dagegen eindeutig identifizieren. Sie haben sich mit den Prati-Systemen nachweislich reduziert."

Dazu leistet die Bedienerfreunlichkeit der Maschinen nach Einschätzung von Christian Ortlieb einen wesentlichen Beitrag. Wenige Erfahrungen mit den Bedienelementen genügten, und ihre Handhabung war für das Personal selbsterklärend. Auch ergonomisch stellen Merkmale wie der integrierte Lift für den Rollenwechsel eine große Erleichterung für die Mitarbeiter dar.

Als Pluspunkt für Prati wertet Christian Ortlieb außerdem den Service, der über die Nilpeter GmbH angeboten wird. Das umfasst neben Vertrieb und Inbetriebnahme vor allem auch die Schulung und das praktische Training an der Maschine. Im Bedarfsfall unterstützen auch Prati-Techniker aus Italien, beispielsweise wenn es darum geht, Verbesserungen auf alle Systeme zu übertragen, die an einer Maschine erarbeitet wurden. Auf diese Weise konnte bereits der Durchsatz an den Systemen erhöht und die Arbeit der Bediener erleichtert werden.

Zielführende Kommunikation treibt E-Ticket voran

Von Vorteil ist die gute Kommunikation zwischen schäfer-etiketten als Anwender, Prati als Lieferant und Nilpeter als Vertriebspartner vor allem auch bei der Weiterentwicklung des E-Ticket-Konzeptes. Mit Hilfe des Feedbacks aus Wolfschlugen, so Christoph Kugler, konnten bereits einige für die Anwendung nützliche Zusatzfunktionen eingebracht werden.

Dass schäfer-etiketten den Einstieg in die digitale Transformation in der Konfektionierung ansiedelt, hat nachvollziehbare Gründe, wie Hartmut Wille erklärt. "Wir haben bei den Prati-Maschinen ein größeres Potenzial als bei den Druckmaschinen gesehen, weil bei letzteren mehr Parameter zu berücksichtigen sind, von denen viele auch nur manuell eingestellt werden können. Aus diesem Grund ist die Einführung im Druckbereich wesentlich komplexer."

Im Rückblick hat sich die Entscheidung als richtig erwiesen, mit dem etwas einfacheren Produktionsbereich zu beginnen. Dadurch konnte ein deutlicher Zugewinn an Effizienz verzeichnet werden, so dass in dieser Abteilung zwischenzeitlich ein sehr hoher Automatisierungsgrad erreicht ist. Das ist gerade für die Marktsegmente wichtig, in denen schäfer-etiketten seine Schwerpunkte hat – allen voran Pharma-Anwendungen, bei denen grundlegende Anforderungen hinsichtlich Sortentrennung, Kennzeichnung oder Verhindern von Untermischung zu erfüllen sind. Gleichzeitig kann die grundlegende Struktur, die in der Konfektionierung erarbeitet wurde, bei der gerade laufenden Einführung der Technologie im Druckbereich wiederum als wertvolle Ausgangsbasis genutzt werden.

Zentrale Abfallentsorgung in der Konfektion

Um die Produktion mit den Prati-Systemen insgesamt noch optimaler zu gestalten, hat schäfer-etiketten in eine zentrale Abfallentsorgung investiert. Sie ersetzt die Abfallbehälter an jeder Maschine, in die der Randbeschnitt mittels Absaugung geblasen wird. Diese Lösung erforderte Platz und war personalintensiv, da die Behälter geleert werden mussten. Zudem erzeugten Gebläse und Absaugung eine für die Mitarbeiter belastende Geräuschkulisse. Beim neuen System erfolgt die Entsorgung automatisch über Rohrleitungen an eine zentrale Sammelstelle. Damit entfällt der Aufwand für das Entleeren der Behälter. Außerdem wird der Lärmpegel spürbar reduziert, da das Gebläse für die zentrale Absaugung in einen gekapselten Bereich verlegt wurde.