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(26.04.2018 / sbr)

Mit neuem Vorstand in die nächste Dekade

Die Mitgliederversammlung des Fachverbandes Druck- und Papiertechnik diskutierte über Zukunftsperspektiven des Druck- und Papiermaschinenbaus in der Industrie 4.0. Kai Büntemeyer ist weiterhin Vorsitzender des nun erweiterten Vorstands.

Der Fachverband Druck- und Papiertechnik im VDMA geht mit erweitertem Vorstand in die nächsten vier Jahre. Neu hinzugekommen sind:

  • Martin Brandt, Geschäftsführer der BW Papersystems Hamburg GmbH in Wedel
  • Andreas Endters, Mitglied der Konzerngeschäftsführung der Voith GmbH & Co. KGaA und Vorsitzender der Geschäftsführung Voith Paper in Heidenheim
  • Markus Frick, Geschäftsführer der Baumann Maschinenbau Solms GmbH & Co. KG
  • Holger Kühn, Managing Director Sales der IST METZ GmbH in Nürtingen
  • Bruno Müller, CEO der Müller Martini AG in Zofingen, Schweiz
  • Marcus Tralau, Geschäftsführer der KAMA GmbH in Dresden

Zudem wurden im Vorstandsamt bestätigt: Kai Büntemeyer (Kolbus GmbH & Co. KG), Claus Bolza-Schünemann (Koenig & Bauer AG), Erich Kollmar (Gebr. Bellmer GmbH Maschinenfabrik), Walter Kurz (Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG), Stefan Plenz (Heidelberger Druckmaschinen AG), Dr. Markus Rall (Adolf Mohr Maschinenfabrik GmbH & Co. KG) sowie Dr. Joachim Schönbeck (Andritz AG) und Dr. Jürgen Vutz (Windmöller & Hölscher Maschinenfabrik).

Die bisherigen Vorstände Volker Assmann, Dr. Christof Soest und Bertram Staudenmaier sind ausgeschieden. "Wir danken ihnen für ihr Engagement in unserem Fachverband. Und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit dem neu gewählten Vorstand in den nächsten vier Jahren", erklärte Dr. Markus Heering, Geschäftsführer des VDMA-Fachverbandes nach der Wahl.

Gemeinsam in die Zukunft des Druck- und Papiermaschinenbaus

Geprägt war die Mitgliederversammlung am 19. April von Diskussionen über die Zukunft der Druck- und Papiertechnik. Mit erfreulichen Umsätzen und Auftragseingängen im Jahr 2017 hat sich die Lage weiter stabilisiert. "Seit der letzten Mitgliederversammlung vor drei Jahren hat unsere Branche ihre Identitätskrise überwunden. Viele Unternehmen ernten heute die Früchte ihrer Neuausrichtung auf Wachstumsmärkte", fasste Büntemeyer die Stimmung zusammen. Im Verpackungsdruck, im industriellen Funktionsdruck und teils auch in Zukunftsfeldern wie der gedruckten Elektronik bieten sich neue Chancen. Und auch der herkömmliche Druck- und Papiermaschinenbau treibt Innovationen voran. "Print 4.0 ist nicht mehr nur ein Schlagwort, sondern konkrete Innovation, mit der Druckereien ihre Produktivität erhöhen können", sagte er. Immer mehr Kleinaufträge sowie der Trend zur Individualisierung und Personalisierung verändern die Anforderungen an Maschinen. Kurze Rüstzeiten sind gefragt. Automatisierte, qualitätsgesicherte Abläufe. Daten- und wissensbasierte Prozesse. Minimierte Ausfallzeiten durch sensorische Maschinenüberwachung – also Predictive Maintenance. "Alles das ist nötig, damit Druckereien ihren ungeduldigen Kunden Top-Qualität zu wettbewerbsfähigen Preisen bieten können", so Büntemeyer.

Der Druck- und Papiermaschinenbau ist in der Umsetzung von Industrie 4.0 – die Branche spricht von Print 4.0 – bereits weit fortgeschritten. Zu sehen ist das unter anderem bei den Mitgliedsunternehmen der Initiative Online Print (IOP), deren Geschäftsführer Bernd Zipper die IOP und ihre Ziele auf der Mitgliederversammlung vorstellte. Er vertritt 33 Unternehmen mit über 5 Mrd. EUR Umsatz, die eine klare Botschaft vertreten: "Druck hat Zukunft!" Bei ihnen wachsen Online- und Druckwelt zusammen. Digitale Geschäftsmodelle treffen auf weitestgehend digital vernetzte, hochautomatisierte Druckereiprozesse. Welche Verfahren zum Einsatz kommen, hängt vom Druckprodukt ab: Mal Broschüren, Flyer oder Plakate, mal individuell bedruckte T-Shirts und Werbemittel. Ein wachsender Markt, der modernste Druck- und Papiertechnik nachfragt – und mit Siebenmeilenstiefeln in Richtung Print 4.0 strebt. Noch gibt es heterogene Maschinenparks und Brüche in den Prozessketten. Doch mit jeder Investition in moderne Maschinen werden es weniger. "Wir sind ein Motor für die digitale Transformation in der Druckindustrie", sagte Zipper.

Print 4.0 – die Zukunft hat längst begonnen

Eine Podiumsdiskussion mit den Vorständen Stefan Plenz, Bruno Müller, Marcus Tralau und Andreas Endters vertiefte das Thema entlang der Gesamtkette von Papierherstellung bis zum Druckprodukt. Endters berichtete von Ansätzen zur intelligenten Papierherstellung. "Papermaking 4.0" vernetze Equipment und virtuelle Systeme, u.a. um ärgerliche Abrisse in der Papierherstellung vorhersagen und damit vermeiden zu können. Plenz nahm den Ball auf und erklärte Heidelbergs 4.0-Strategie: datenbasierte autonome Druckprozesse im so genannten "Smart PrintShop", neue digital gestützte Geschäftsmodelle, in denen Kunden für einen Fixpreis ein vereinbartes monatliches Druckvolumen kaufen, SmartServices mit Fernzugriff auf Maschinen oder neue, cloudbasierte Modelle der Zusammenarbeit. Eine durchdigitalisierte, voll vernetzte Druckwelt, die Bruno Müller mit der Unternehmensgruppe Müller-Martini mit dem Finishing-4.0-Ansatz weiterführt: Voll automatisierte Workflows in der Weiterverarbeitung. Ab Stückzahl 1 im Fotobuchgeschäft und Magazine in wechselnd hoher Auflage, mit unterschiedlichen Formaten, Seitenzahlen und Papiersorten, mal farbig, mal schwarz-weiß-bedruckt, werden in automatisierten, qualitätsgesicherten Prozessketten verarbeitet. Umrüstung und Handhabung erfolgen ebenso vollautomatisiert, wie das Falzen, Binden und Schneiden der Druckprodukte.

Vernetzt, möglichst ohne manuelle Eingriffe und höchst produktiv – so gehen die Hersteller von Druck- und Papiertechnik die Zukunft an. Und wie der KAMA-Geschäftsführer Marcus Tralau berichtete, tragen auch kleinere Mittelständler ihren Teil zur Print 4.0 Welt bei, ganz gleich ob ihre Partner dabei digitale und analoge Druckverfahren nutzen. Das Gebot der Stunde heiße "Denken im Prozess!", erklärte er. Bei bis zu 150 Druckjobs pro Tag und bei Auflagen von teilweise nur einem Exemplar komme es für Kunden auf minimale Rüstzeiten an. "Das funktioniert nur noch mit 4.0-Ansätzen", stellte Tralau klar. Diese Entwicklung führt laut Joern Kowalewski, Gründer und Geschäftsführer der macio GmbH aus Kiel - auch Teilnehmer an der Diskussion - zu komplett veränderten Produktionswelten. "Die Dekade des Touchscreens endet, weil die Bediener in Zukunft vier bis fünf Anlagen gleichzeitig betreuen und das Interface dann in ihrer Tasche tragen", skizzierte er. Sprachsteuerung werde wichtig. Und während die Informationen im fehlerfrei laufenden Produktionsablauf auf wenige Kennzahlen reduziert werden können, müssten Maschinenhersteller im Fehlerfall sowie für Service, Wartung und Reparaturen sehr viel mehr Informationen bereitstellen als bisher.

Profitabilität ist und bleibt der Schlüssel     

Bruno Müller betonte am Ende der Diskussion, dass Kunden bereit seien, in 4.0-Technik zu investieren, wenn diese die Produktivität und die Stabilität ihrer Fertigungsabläufe spürbar steigert. "Und auch für uns selbst muss die Profitabilität stimmen – sonst bringt es nichts", stellte er klar.

Die Geschichte der Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG in Fürth, also des Unternehmens von Gastgeber Walter Kurz, zeigt, wie Druckmaschinenbauer erfolgreich auf veränderte Märkte reagieren – und ihre Profitabilität dabei absichern können. Nach den Anfängen Ende des 19. Jahrhunderts als Blattgold-Hersteller entwickelt das Unternehmen vakuumbedampfte Echtgoldprägefolien, später aluminiumbedampfte Folien, und baute ab den 1960er Jahren Maschinen zu deren Applikation. Heute ist die Unternehmensgruppe größter Lackhersteller für den Eigenbedarf in Süddeutschland, dekoriert mit ihren Folien im großen Stil Bauteile aus Kunststoff, Automobil-Interieur, Haushaltsgeräte, Textilien, entwickelt Sicherheitsfolien für Banknoten, Sicherheitskonzepte für Markenhersteller – und ist mit ihrer Tochter PolyIC ein führender Anbieter im Bereich der gedruckten Elektronik. Design- und Softwarehäuser gehören ebenso zur Gruppe wie Spezial-Maschinenbauer oder Anbieter von Sicherheits- und Lichtmanagement. Was als Kleinbetrieb in Fürth begann, ist heute eine Firmengruppe mit 5.200 Mitarbeitern und 14 Produktionsstätten in Europa, Asien und den USA. Schlüssel des Erfolgs: Das Unternehmen hat früh erkannt, dass drucktechnische Dekoration nicht nur etwas fürs Auge bietet, sondern dass sie Funktionen erfüllen, zur Sicherheit beitragen und der Kommunikation dienen kann. Industrieller Funktionsdruck, der mittlerweile immer öfter Schaltkreise, Sensoren und Touch-Displays realisiert – und dem Fürther Unternehmen seit Jahren anhaltendes Wachstum sichert.

Auf zur drupa 2020

"Ob nun Print 4.0, Funktionaler Druck oder Verpackungsdruck – auf der drupa 2020 wird unsere Branche Einiges zu bieten haben", betonte Dr. Markus Heering. Nach Angaben von  drupa-Direktorin Sabine Geldermann läuft die Messe bereits sehr gut an. Trotz des frühen Zeitpunktes hätten sich bereits über 400 Hersteller aus 30 Ländern angemeldet. Darunter ein Zehntel Erstaussteller. Insgesamt sind laut Geldermann schon 60.000 qm Messefläche gebucht. "Wir sind zuversichtlich, dass wir unser Ziel von 1.850 Ausstellern und 160.000 qm Fläche erreichen werden", betonte sie. Dafür werde man das eingeschlagene Konzept mit den drupa touchpoints, dem drupa cube und den drupa innovation parks (dip) fortsetzen und weiterentwickeln. "Wir haben darauf sehr viel positives Feedback bekommen", sagte sie.

Mit Blick auf die nahende Messe haben sich die Mitgliedsfirmen des VDMA-Fachverbands in Fürth zur Neuauflage ihrer Zukunfts- und Innovationsworkshops verabredet. Unter dem Motto Print 2030 hatten sie im Vorfeld der drupa 2016 gemeinsam Visionen für den Druck- und Papiermaschinenbau entwickelt. "Die einzige Schwäche der Initiative war der Name", sagte Büntemeyer, "denn was wir für 2030 erwartet hatten, setzen unsere Unternehmen schon heute um". Das Innovationstempo in der zunehmend digitalen Welt wachse rasant. Daher sei es richtig und wichtig, die Visionen für die Branche weiterzuentwickeln. Gleiches gelte für die Marktforschung und Branchenstatistik. Auch hier wird der Fachverband seine Angebote künftig ausweiten, um den Mitgliedsunternehmen das Navigieren im zunehmend unruhigen Fahrwasser zu erleichtern. Büntemeyers Fazit; "Es wird vieles einfacher, wenn man es gemeinsam angeht", ist für die vier Jahre bis zur nächsten Mitgliederversammlung Programm.