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(10.05.2017 / saj)

LE(D)-UV-Druck aus ökologischer Sicht

Eine bemerkenswerte Podiumsdiskussion des Informationszentrums für nachhaltige Printproduktion im DBM Druckhaus Berlin-Mitte.

Der recht neue LE(D)-UV-Druck wird häufig als umweltverträgliches Druckverfahren beworben, weil die neuen Trockner weniger Energie benötigen als die bisher eingesetzten. Der Energiebedarf ist aber nur ein Aspekt. Die Verhinderung der Deinkbarkeit von LE(D)-UV-Printobjekten, einem Schlüsselprozess beim Papierrecycling, wirft ein ganz anderes Licht auf den UV-Druck. 

 

Kürzlich wurde auf einer Veranstaltung im DBM Druckhaus Berlin-Mitte über die Umweltverträglichkeit des neuen UV-Druckverfahrens informiert und diskutiert. Referenten waren Roland Schröder, Produktmanager UV-Farben beim Farbhersteller Hubergroup Deutschland, und Dr. Frank Wenig, Leiter Technologie des Recyclingpapier-Herstellers Steinbeis Papier. Das Publikum, das sich rege an der durchaus kontroversen Diskussion beteiligte, bestand aus Vertretern von Druckmaschinenherstellern, Verlagen, Kunden und Projektpartnern. Moderiert wurde die Veranstaltung von Christin Lieke, Umweltbeauftragte des DBM. 

 

Große Unsicherheit 

 

Martin Lind, Geschäftsführer des DBM Druckhaus Berlin-Mitte, wies bei der Begrüßung von Publikum und Referenten auf eine große Unsicherheit beim LE(D)-UV-Druck hin, die durch widersprüchliche Aussagen zur Umweltverträglichkeit dieser Drucktechnik entstanden sei. Dazu zitierte er u.a. die Ingede (Internationale Forschungsgemeinschaft Deinking-Technik), der auch Steinbeis Papier angehört, die bereits mehrfach auf die nicht mögliche Deinkbarkeit von UV-Printobjekten hingewiesen hatte. 


Auf der anderen Seite würden Druckereien die LE(D)-UV-Technik als umweltfreundlich bewerben. Dabei verwiesen sie v.a. auf den niedrigen Energiebedarf der LED-Strahler gegenüber herkömmlichen UV-Lampen. Lind erinnerte an eine Aussage von Dr. Achim Schorb vom Ifeu-Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg, der kürzlich als Referent im Druckhaus Berlin-Mitte warnte: "Die Printbranche muss aufpassen, dass sie nicht als Umweltverschmutzter rüberkommt." Anschließend übergab Lind das Wort an Roland Schröder. 


Für Klarheit sorgen 


Schröder begann mit dem Hinweis, dass allein seine Teilnahme an der heutigen Podiumsdiskussion für einige Unruhe gesorgt habe. Schon am Tag der Einladung durch das DBM Druckhaus Berlin-Mitte habe er diverse Nachrichten erhalten – nicht nur in freundlichem Ton. Vor Kurzem fand eine von seinem Unternehmen mit Partnern organisierte bundesweite LED-UV-Roadshow statt. Diese Punkte belegten bereits, wie wichtig es sei, für Klarheit zu sorgen und den aktuellen Stand zum LE(D) UV-Druck auch aus Sicht seines Unternehmens  darzustellen. 


Anhand von Marktzahlen zeigte Schröder auf, dass der Verkauf von Offsetfarben seit Jahren leicht rückläufig ist, was auch daran liege, dass immer mehr Druckbetriebe aufgeben. Andererseits wachse der Umsatz mit LE-UV-Farben. Es sei aber bei weitem nicht so, dass sich der Farbbedarf beider Drucksysteme gegenseitig kompensieren. Verpackungshersteller, Markenartikler und Designer gäben die Trends vor. Und der gehe derzeit eindeutig Richtung UV. UV-Akzidenzdruck, Offset- und Flexoverpackungen seien Wachstumsmärkte für UV-Farben. 


Schröder unterstrich das Verantwortungsbewusstsein seines Unternehmens für die Umwelt anhand eines Zitates des Geschäftsführers Heiner Klokkers und wies darauf hin, dass man Mitglied bei diversen Umweltprojekten sei. Die Energiestrategie des Unternehmens schließe sich dem an. 


Nicht zufriedenstellend 


Aus Sicht der Hubergroup ist der Status-quo beim Deinking und Recycling von UV-Farben nicht zufriedenstellend. Die Gründe hierfür liegen vor allem in einer falschen Verbandsarbeit und zu wenig Druck von außen - aber auch daran, dass die Thematik nicht im Fokus von Markenartiklern, Agenturen und Endkunden steht. Das Unternehmen bleibe definitiv bei diesem Thema dran. Fakt ist: UV-Farben sind nicht bzw. nur sehr schwer deinkbar 


Schröder weiter: "Wenn man sich die Strecke zum Deinking für UV-Farben als 100-m-Lauf vorstellt, sind wir beim dritten Meter. Projekte aus der Vergangenheit haben aber gezeigt, dass es gehen kann und auch geht. Man braucht dafür Ausdauer und starke Partner und die Bereitschaft, erreichte Zwischenziele als Erfolg zu sehen." 


Ein Partner bei der Herstellung ökologischer Papiere ist Steinbeis. Das Unternehmen ist seit 1976 auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft ausgerichtet. Die Rohstoffbasis zur Herstellung grafischer Recyclingpapiere besteht aus 100% Altpapier. Steinbeis wurde mit den Umweltsiegeln "Blauer Engel", "EU-Ecolabel" und "Cradle-to-Cradle" zertifiziert. Das Unternehmen und seine Sicht auf die Ökologie von UV-bedruckten Printobjekten wurde von Dr. Frank Wenig vorgestellt. Einleitend zeigte er auf, wie weit der Produktionskreislauf bei Steinbeis bereits geschlossen ist. 


Für grafische Recyclingpapiere ungeeignet 


Da UV-Printobjekte bereits seit einigen Jahren auf dem Markt sind, stelle sich für sein Unternehmen schon länger die Frage, wie man diese Papiere deinken könne. Verschiedenste Tests, die bis heute durchgeführt würden, belegten, dass ein befriedigendes Deinking nicht möglich sei und dass die mit UV-Technik bedruckten Papiere für die Herstellung grafischer Recyclingpapiere ungeeignet sind. Es sei trotz vielfältiger Bemühungen nicht gelungen, die Druckfarben, die beim UV-Druck aushärten, hinreichend zu entfernen. 
Bereits 2008 machte die Ingede auf diese Problematik aufmerksam, zuletzt 2015 mit einer Pressemitteilung. 


Mit Fotos von "normalen" und UV-bedruckten Papieren nach dem Recycling zeigte Wenig auf, dass ein ausreichendes Deinking von UV-Druckobjekten bis heute nicht möglich ist. Deshalb könnten diese Druckobjekte grundsätzlich nicht für die Herstellung grafischer Papiere recycelt werden. Ein zu hoher Anteil von UV-Druckobjekten in der Rohstoffbasis, d.h. besonders bei Altpapieren, die bei Druckereien anfallen, habe bei Steinbeis schon zu erheblichen Mengen an Ausschuss beim Recyclingprozess geführt. Grafische Papiere verlangen ein Mindestmaß an Sauberkeit und Weiße, nicht nur aus ästhetischen Gründen, sondern auch, um z.B. darauf gut lesbare QR- oder Barcodes abbilden zu können. 


Der Referent  wies darauf hin, dass es durch den zunehmenden UV-Druck immer schwerer werde, hochwertiges, grafisches Recyclingpapier herzustellen. 


Ausgehärtete UV-Farben sind Plastik 


Die praktischen Beispiele zeigten, wie viel Plastikschmutz durch den UV-Druck entsteht. Denn ausgehärtete UV-Farben sind Plastik. Plastikmüll ist eines der großen Problemfelder beim Thema "Umweltschutz". Nachhaltigkeit kann mit UV-Druck-Produkten daher nicht erzielt werden. 


Im Anschluss an die Vorträge begann die von Lieke moderierte Fragerunde, an der sich das Publikum lebhaft beteiligte. Eine erste Frage bezog sich auf die Gesundheitsverträglichkeit der UV-Farben selbst, insbesondere vor dem Erreichen ihrer endgültigen Aushärtung. Diese gelingt nur mit einwandfrei funktionierenden und bedienten Druckmaschinen. Vor der Aushärtung der Druckfarben soll aus Gesundheitsgründen kein Hautkontakt stattfinden. 


Laut Aussagen von Schröder und den anwesenden Druckmaschinenherstellern ist es beim UV-Druckprozess Pflicht, Schutzkleidung zu tragen. Diese Schutzmaßnahme werde zumindest bei deutschen Druckereien auch eingehalten. 


Des Weiteren wurde vom Publikum die Frage gestellt, ob es möglich sei, UV-Druckfarbe zu erkennen, sei es vom Endverbraucher oder auch vom Fachmann. Antwort der anwesenden Spezialisten: UV-Druck ist selbst für einen Fachmann schwer zu erkennen, weil Merkmale wie ein typischer Geruch o.ä. fehlten. 


Es bestand Einigkeit bei allen Beteiligten, dass eine Optimierung des Deinkings von UV-Druckprodukten notwendig ist. So soll der Anteil an Plastikmüll reduziert werden und das Papierrecycling nicht weiter behindert werden. Dies ist aber auf absehbare Zeit nicht möglich! Bernd Groh von der Hubergroup machte darauf aufmerksam, dass das Thema nur gemeinsam und nicht von einem Projektpartner allein gelöst werden kann. Auch Papierhersteller wie Steinbeis müssten sich beteiligen, wozu dieses Unternehmen durchaus bereit ist. 


Ein Vertreter eines Druckmaschinenherstellers erläuterte, dass ein Teil seiner Kunden nicht auf UV-Druck verzichten wolle. Es gäbe auch keine Marktmacht, um hieran etwas zu ändern. Zeitdruck und auch die Möglichkeiten dieses Druckverfahrens selbst sind laut Druckmaschinenherstellern die Argumente für den UV-Druck. Das Thema "Ökologie" sei nachrangiger. Sie sehen das Thema entspannter. LE(D)-UV-Druck sorge aufgrund des geringeren Stromverbrauchs als herkömmlicher UV-Druck für eine positive Ökobilanz. Warum also sollten Drucker damit nicht werben dürfen? 

 

Aus dem Publikum wurde dazu die Befürchtung geäußert, dass mit dieser Herangehensweise Papier und Druck ein immer schlechteres Image bekämen und dadurch eine verstärkte Abwanderung in digitale Medien erfolgen könnte. 


Für den Verlag, der vorrangig Blauer-Engel-Recyclingpapier für seine Druckprodukte einsetzt, bestehe außerdem die Gefahr von nicht tragbaren Kostensteigerungen durch den höheren Aufwand beim Recycling. 


Fazit


Ein Fazit der Veranstaltung: Es ist derzeit nur schwer möglich, Printobjekte, die im UV-Druck bearbeitet worden sind, zu deinken und damit auch hochwertig zu recyceln. Das ist von allen Beteiligten erkannt worden. Es wird daran gearbeitet, dass das Deinking ermöglicht wird, aber eine Lösung ist in absehbarer Zeit nicht erkennbar. 


Es bleibt der jeweiligen Druckerei überlassen, ob sie mit einer positiven Ökobilanz aufgrund eines geringeren Stromverbrauchs als umweltbewusstes Unternehmen wahrgenommen werden will. Es ist aber de facto so, dass diese UV-Printobjekte der Umwelt keinen Gefallen tun. 

 

Infotage wie diese Veranstaltung im DBM Druckhaus Berlin-Mitte sind wichtig, um Aufklärungsarbeit zu leisten und Unsicherheiten zu beheben. Dies sind alle Beteiligten nicht zuletzt dem Endverbraucher schuldig. Zugleich kann diese Veranstaltung ein Startschuss für Kooperationen gewesen sein, die dazu beitragen, die unstrittigen Probleme mit UV-Printobjekten zu beheben. Die Umwelt würde es danken.