Verpackungen stehen im Zentrum europäischer Nachhaltigkeitsstrategien – und damit auch Papiersäcke. Mit den aktuellen und bevorstehenden EU-Vorgaben steigen die Anforderungen an Verpackungen deutlich. Insbesondere die EU-Verpackungsverordnung (PPWR) und die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) wirken sich auf die deutsche Papiersackindustrie aus – von der Recyclingfähigkeit über den Rezyklatanteil bis hin zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht. Die Mitglieder der Gemeinschaft Papiersackindustrie e.V. (GemPSI) bereiten sich intensiv auf die Umsetzung der neuen regulatorischen Anforderungen vor.
„Derzeit herrscht viel Verunsicherung, da einige sekundäre Gesetzgebungen noch ausstehen und die praktische Umsetzung teilweise Raum für Interpretation bietet“, erklärt GemPSI- Geschäftsführer Karsten Hunger. „Um sicherstellen zu können, dass die Kunden der deutschen Papiersackindustrie auch künftig gesetzeskonforme Verpackungen erhalten, verfolgen wir die Gesetzgebung sehr genau.“ Die GemPSI-Mitglieder machen derzeit eine Bestandsaufnahme, ob ihre aktuelle Angebotspalette den Vorgaben entspricht. Gleichzeitig arbeiten sie kontinuierlich daran, ihre Verpackungen und Prozesse für künftige Anforderungen zu optimieren, sofern notwendig.
EUDR ersetzt EUTR ab Ende 2025
Im Juni 2023 trat die EUDR als Teil des EU Green Deals in Kraft, um der globalen Entwaldung und Waldschädigung entgegenzuwirken. Sie ersetzt die bisherige EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) und bezieht sich auf verschiedene Produktgruppen, wie Kaffee, Kakao, Palmöl und Holz, sowie daraus hergestellte Produkte. Ausgenommen sind Produkte aus Altpapier. Ursprünglich war die Anwendung ab dem 30.12.2024 geplant, wurde jedoch wegen technischer Probleme verschoben. Für die Holz-Lieferkette, zu der auch Papiersäcke zählen, gilt nun der 30.12.2025 als neue Frist.
Steigendes Lieferketten- und Datenmanagement
Ab diesem Stichtag sind Papiersackhersteller verpflichtet, ein Sorgfaltspflichtsystem einzuführen. Dieses umfasst zwei zentrale Elemente. Erstens die Dokumentation relevanter Lieferantendaten. Dazu gehört es, Nachweise über die EUDR-Konformität des von ihnen eingekauften und verwendeten Papiers einzuholen. Diese erhalten sie über die Importeure oder Papierhersteller. Diese sind verpflichtet, Geolokalisationsdaten von Herkunftsflächen zu erfassen und mit Referenz- und Prüfnummern zu versehen und eine Risikobeschreibung und -bewertung vorzunehmen. Zweitens die Abgabe einer digitalen Sorgfaltserklärung (Due Diligence Statement – DDS) über die zentrale EU-Plattform TRACES NT (TRAde Control and Expert System – New Technology), in der alle Angaben dokumentiert und für Kontrollbehörden zugänglich gemacht werden. Hier erhält jeder Artikel eine eindeutige Referenznummer, die mit den Referenznummern der Vorlieferanten verknüpft wird. Kleine und mittlere Unternehmen sind von der digitalen Erklärungspflicht sowie von der Risikobeschreibung und -bewertung befreit. Wichtig zu beachten: Holz, das bis zum 30.12.2025 geerntet und in Verkehr gebracht wird, und alle Produkte, die daraus hergestellt werden, unterliegen weiterhin der EUTR.1
Kunden brauchen keinen Nachweis
„Papiersackkunden können davon ausgehen, dass alle Papiersäcke EUDR-konform sind, sobald es notwendig ist“, sagt Hunger. „Um das sicherzustellen, arbeiten die GemPSI-Mitglieder sehr eng mit ihren Zulieferern zusammen.“ Vor dem Stichtag ist es weder nötig noch rechtlich möglich, EUDR-Konformität zu bestätigen. Darüber hinaus besteht auch keine Pflicht zur Weitergabe von Daten oder Garantieerklärungen an abfüllende Unternehmen. Das heißt: Die Kunden der deutschen Papiersackhersteller brauchen keinen Nachweis. Sie können sich darauf verlassen, dass alle in Verkehr gebrachten Papiersäcke EUDR-konform sind. Der Ausschluss von nicht verkehrsfähigen Papiersäcken ist darüber hinaus schon heute in den meisten AGB abgedeckt.
Umfassende Veränderungen durch PPWR
Die PPWR ist eine regulatorische Vorgabe, die alle Verpackungen in Europa betrifft. Sie ersetzt die bisherige Verpackungsrichtlinie und soll für einen einheitlichen Rechtsrahmen in der gesamten EU sorgen. Ihr Ziel ist es, Verpackungsabfälle zu reduzieren und nachhaltige Verpackungen zu fördern. Am 11.2.2025 trat die PPWR in Kraft, ihre Anwendung erfolgt mit einer Übergangsfrist ab 12.8.2026. Ausgenommen sind Regelungen, für die ein besonderes Datum festgelegt ist. Die Papiersackindustrie ist in vielerlei Hinsicht betroffen – von der Zusammensetzung der Verpackung über die Recyclingfähigkeit bis hin zu Kennzeichnungsvorgaben. „Zu der genauen Umsetzung sind jedoch noch viele Fragen offen“, erklärt Hunger. „Alles ist noch im Fluss.“
Strengere Vorgaben für Inhaltsstoffe und Kunststoffanteile
So dürfen ab 12.8.2026 Papiersäcke mit Lebensmittelkontakt nicht mehr auf den Markt gebracht werden, wenn sie per- oder polyfluorierte Alkylstoffe (PFAS) über einem bestimmten Grenzwert enthalten. Jedoch ist die Einhaltung dieser Grenzwerte aufgrund fehlender Analysemethoden derzeit noch nicht prüfbar. Eine europaweit einheitliche Kennzeichnung von Verpackungen ist ab dem 12.8.2028 verpflichtend. Diese soll sowohl auf dem Papiersack als auch auf den Entsorgungsbehältnissen angebracht werden. Die konkrete Ausgestaltung wird ebenfalls noch festgelegt. Für nicht gekennzeichnete Verpackungen ist eine Übergangsfrist vorgesehen. Darüber hinaus müssen Kunststofffolien, die als Barriereschicht im Papiersack fungieren, ab 2030 einen Mindestanteil von 35% Post-Consumer-Rezyklat (PCR) enthalten. Für Papiersäcke mit Lebensmittelkontakt ist grundsätzlich ein Mindestanteil von 10 % Post-Consumer-Rezyklat (PCR) vorgesehen. Diese Vorgabe gilt jedoch nur, sofern keine Gefährdung der Lebensmittelsicherheit besteht und die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 eingehalten werden können. Macht die Folie weniger als 5% des Papiersacks aus, entfällt dieser Mindestanteil. Das kann beispielsweise bei Kunststoffbeschichtungen der Fall sein. Leistungsstarke Folien mit dem Mindestanteil PCR sind bereits heute erhältlich.
Recyclingfähigkeit entscheidet über Marktzugang
Neben der Verwendung von Rezyklat hat das Thema Recycling innerhalb der PPWR grundsätzlich einen sehr hohen Stellenwert. Ab 2030 müssen alle Verpackungen recyclingfähig sein. Dafür legt die EU Mindestanforderungen fest, die in Leistungsstufen (recyclability scores) unterteilt werden. Verpackungen, die mit einem Score unter 70% abschneiden, gelten als nicht recyclingfähig und müssen vom Markt genommen werden. Ab 2038 sind mindestens 80% Recyclingfähigkeit zu erreichen. Die genauen Regelungen zur Bestimmung der Recyclingfähigkeit werden noch erarbeitet. Daher können derzeit keine verlässlichen Aussagen getroffen werden. Nach der von Cepi und 4evergreen entwickelten Recyclingmethode für faserbasierte Verpackungen2 sind die meisten Papiersäcke, die heute auf dem Markt sind, schon jetzt für 2030 geeignet.3 Ab 2035 muss zudem nachgewiesen werden, dass Papiersäcke in großem Umfang recycelt werden. GemPSI hat bereits vor 35 Jahren das Kreislaufsystem REPASACK geschaffen. „In Europa wird das System als ein Best-practice-Beispiel wahrgenommen“, sagt Sven Korsten, Geschäftsführer von Interzero REPASACK. „Mit unserem Know-how unterstützen wir beim Aufbau ähnlicher Rücknahmesysteme in Europa.“ Der Unternehmenskonzern rund um die REPASACK bietet Papiersackherstellern und ihren Kunden bereits heute Recyclingfähigkeitstest sowie Verpackungsoptimierung an und unterstützt bei Umweltcompliance-Themen in allen EU-Ländern sowie in Großbritannien, Norwegen und der Schweiz.
GemPSI setzt auf Dialog und Transparenz
„Mit der EUDR und PPWR geht ein erheblich höherer Verwaltungsaufwand für die Papiersackhersteller einher“, so Hunger. „Um dies nicht noch zu verschärfen, bitten wir die Kunden der deutschen Papiersackindustrie, ihre Lieferanten anzusprechen, statt ihnen Forderungskataloge zu schicken. So kann gemeinsam geklärt werden, ob und wo Nachbesserungsbedarf besteht.“ Die GemPSI-Mitglieder sind bestens im Thema, um zu allen Fragen Rede und Antwort zu stehen. Neben Webinaren stellt der Verband seinen Mitgliedern und ihren Kunden regelmäßig aktualisierte Informationsschreiben zu beiden Verordnungen zur Verfügung. „Unsere Mitglieder werden ihren Kunden auch unter den neuen Vorgaben leistungsstarke und gesetzeskonforme Papiersacklösungen anbieten können“, ist Hunger überzeugt.
1 EU Kommission, Guidance Document, April 2025