Seit 60 Jahren arbeiten führende deutsche Druckmaschinenbauer in der Forschungsgesellschaft Druckmaschinen (FGD) e.V. zusammen.
Fortlaufende Innovationen, vernetzte Forschung und eine systematische Analyse von Technologietrends sind - wie es heißt - die Basis des Erfolgs für die inzwischen erprobte industrielle Gemeinschaftsforschung rund um Druckmaschinen und Druckverfahrenstechnik. Im Interview erklärt FGD-Geschäftsführer Dr. Markus Heering, warum vorwettbewerbliche Forschung für den deutschen Druckmaschinenbau weiterhin unverzichtbar ist und welche Beiträge sie aktuell leistet, nicht zuletzt hinsichtlich "Industrie 4.0".
Herr Dr. Heering, die Forschungsgesellschaft Druckmaschinen startet jetzt in ihr siebtes Jahrzehnt. Mit welchem Erfolgsrezept geht sie in die Zukunft?
Die FGD kommt aus dem Herzen unserer Branche und wird bis heute von jenem Geist getragen, der 1955 unsere Gründungsmitglieder einte. Sie waren als Unternehmer davon überzeugt, dass der Druckmaschinenbau fortlaufende Innovation braucht, vernetzte Forschung und eine systematische Analyse von Technologietrends. Um Doppelarbeit zu vermeiden beschlossen sie, wettbewerbsneutrale Forschung auf die gemeinsame Basis der FGD zu stellen – und diese in das damals noch junge System der industriellen Gemeinschaftsforschung einzubetten. Dieser Ansatz hat sich bewährt. In den letzten Jahren geht es bei der Bewertung neuer Trends und Technologien z.B. um Digitaldruck, Printed Electronics, 3D-Druck, Druckverfahren für Dekorationszwecke oder Funktionalitäten. Und es geht um so wichtige Wachstumsfelder wie den industriellen Druck und den Verpackungsdruck. Zunehmend werden neue Bereiche innerhalb der FGD diskutiert.
Wie funktioniert diese Plattform gemeinsamer Forschung?
Unsere Mitgliedsunternehmen tragen die FGD inhaltlich und organisatorisch: Es sind ihre Mitarbeiter, die in den Arbeitskreisen aus ihrer Praxis heraus Forschungsbedarfe definieren, die in den FGD-Gremien entscheiden, welche Projekte umgesetzt werden und diese dann auch koordinieren. Und nicht zuletzt ergänzen die Unternehmen mit Eigenmitteln die staatliche Förderung der Forschungsvorhaben. Im letzten Jahrzehnt sind so 2,7 Mio. Euro zusammengekommen, davon 73% Fördermittel.
Wer wirkt heute in der FGD mit?
Aktuell sind es 17 Mitgliedsunternehmen, darunter neben Heidelberger Druckmaschinen, KBA, Manroland Sheetfed, Windmöller & Hölscher und Océ zahlreiche Komponentenhersteller sowie Hersteller von Druckfarben. Sie kooperieren mit den führenden deutschen Hochschulen und Forschungsinstituten in den Bereichen von Druck-, Papier- und Medientechnik. Diese Forschungspartner setzen auch das Gros der Projekte um.
Woran forscht die FGD heute?
Aktuelle Themen beschäftigen sich mit der Migration von Farbenbestandteilen und Waschmitteln in der Druckmaschine, um diese im Bereich "Verpackungsdruck" noch sicherer unterbinden zu können. Es geht um neue exaktere Messverfahren zur Bestimmung von Farb- und Lackschichtdicken oder um Grenzen der Überdruckbarkeit. Letzteres ist besonders wichtig für die Qualität von sogenannten smarten Verpackungen, bei denen RFID-Chips, gedruckte Funktionalitäten und Informationen sicher und qualitativ hochwertig übereinander gedruckt werden müssen. Ein weiteres Projekt, das durch den industriellen Druck getrieben ist, zielt auf das Energiemanagement von Druckmaschinen. Um auch bei hohem Kostendruck konkurrenzfähig zu bleiben, gilt es, durch intelligente Steuerung der Druckereiprozesse teure Lastspitzen zu vermeiden und auch den Energiebedarf der einzelnen Maschinen weiter zu senken. Nicht zuletzt treiben unsere Mitglieder in gemeinschaftlicher Initiative die Themen "Automation, digitale Prozesskette und Print 4.0" voran. Dafür haben wir das "Projekt Prozesskette" initiiert – das die FGD bisher komplett aus Eigenmitteln bestreitet
Worum geht es darin?
Das mittelfristige Ziel ist die Entwicklung eines herstellerübergreifenden Schnittstellenstandards. Er soll mit geeigneter Markier- und Lesetechnik praxisnahe Lösungen für die industrielle, hoch automatisierte Fertigung von Druckprodukten bieten. Gerade wegen des Trends zu kleineren Auflagen und schneller wechselnden Druckaufträgen steigt der Bedarf an intelligenter Vernetzung der Prozessschritte und der jeweiligen Maschinen. Denn es gilt, Rüstzeiten und manuelle Arbeitsschritte zu minimieren. Zwischenprodukte müssen jeweils so beschaffen sein, dass die folgende Maschine sie problemlos übernehmen kann. Dafür kann es notwendig sein, dass Informationen zu produktionsbedingten Änderungen und Abweichungen in Echtzeit an die nachfolgenden Prozesse gesendet werden. Parallel muss der Datenaustausch zwischen den Maschinen schnell und reibungslos funktionieren. Angesichts der geforderten Präzision und der hohen Geschwindigkeiten in Druckereiprozessen ist das keineswegs trivial. Unsere Mitglieder sind aber auf einem guten Weg. Sie werden schon auf der Drupa 2016 an einem Druckbeispiel ein prozessübergreifendes Kodierungssystem demonstrieren. Auch, weil die führenden deutschen Druckmaschinenbauer seit nunmehr 60 Jahren in der FGD gemeinsam vorwettbewerbliche Forschung betreiben, konnte sich unsere Branche zum Vorreiter der Industrie 4.0 entwickeln. Vernetzte Prozesswelten sind bei uns schon weitgehend umgesetzt. Print 4.0 ist für die Anwender von Drucktechnik aus Deutschland eine Realität.