Die 3D-Revolution geht um die Welt - auf leisen Sohlen hat sich eine Revolution in der Fertigungstechnik vollzogen, ohne dass Big Player eine wesentliche Rolle dabei gespielt hätten.
Es waren vielmehr Forscher, kleine Start-Ups und Garagenbastler, die mit dem "Druck" dreidimensionaler Gegenstände begonnen haben. Wie bei technischen Revolutionen üblich, lebt die Bewegung vom Enthusiasmus der Early-Adaptors, meist männliche Technikbastler mittleren Alters samt dazugehöriger Open-Source-Community. Die sogenannten „Maker" feiern den Trend zur Eigen-produktion und das Internet der Dinge. Idealisten träumen von der Rückeroberung der Produktionsmittel durch die Massen, Technikjünger von sich selbst nachbauenden Geräten. Nach wie vor herrscht eine fiebrige Aufbruch- und Goldgräberstimmung, obgleich sich viele junge Unternehmen rasend schnell professionalisieren und dabei den Open-Source-Gedanken mehr und mehr verblassen lassen.
Dabei ist der Einsatz von sogenanntem 3D-Druck gar nicht so neu. Schon lange bevor das Internet die Welt veränderte, wurden laserbasierte Verfahren für Industrieanwendungen entwickelt, etwa für die Herstellung von Prototypen und Modellen, oder z.B. für die Produktion von Werkstücken und Bauteilen in geringen Stückzahlen. Gegenüber dem sonst für diese Prozesse eingesetzten Spritzgussverfahren entfällt bei der Herstellung mittels "3D-Druck" das aufwändige Herstellen von Formen sowie die Arbeitsschritte Schneiden, Drehen und Bohren.
Fakt ist, dass die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der 3D-Revolution sukzessive spürbar werden. In Zeiten, in denen die Produktlebenszyklen kontinuierlich sinken, während die Variantenvielfalt stetig zunimmt, kommen unermüdliche "Druck-Roboter", die mit höchster, von Menschenhand unerreichbarer Qualität, komplexe Gegenstände hochindividuell herstellen können, wie gerufen. Vor allem für die Werkzeugtechnik, Bauteilproduktion, Medizintechnik und Konsumgüterindustrie ist die Bedeutung dieser Technologie immens.
Deshalb haben die Messe Düsseldorf und der VDMA anlässlich der K 2013die Marke "3D fab+print" gelauncht. Unter diesem Dach sollen auf den relevanten Düsseldorfer Fachmessen die entsprechenden Aussteller zusammengeführt und soll das gesamte Thema in den Fokus der Fachöffentlichkeit gerückt werden. Themenrelevante Messen sind die Compamed (12. bis 14. November 2014), das Messequartett Gifa, Metec, Thermoürocess und Newcast (16. bis 20. Juni 2015) sowie die Drupa (31. Mai bis 10. Juni 2016).
Die Folgen der 3D-Revolution
Der "3D-Druck" ersetzt, verlagert und ergänzt nicht nur die herkömmlichen Verfahren, er beschleunigt auch die Innovationsprozesse, weil die unmittelbare Herstellung solider Prototypen und anschaulicher Muster zahlreiche Vorteile mit sich bringt. Im Consumer-Bereich werden die Stückkosten der Massenproduktion zwar immer niedriger bleiben als die der Individualproduktion, dennoch wird sich vermutlich ein verschwindend geringer Teil der Produktionsprozesse zu den Konsumenten verlagern.
Diesen Verlust kann die Wirtschaft jedoch verschmerzen, weil die Anwender dazu die "3D-Drucktechnik" nebst Materialien und Support benötigen und gleich-zeitig völlig neue, lukrative Geschäftsfelder entstehen, z.B. Druck-Services für diejenigen, die sich nicht gleich selbst einen 3D-Drucker anschaffen wollen. Man denke in diesem Zusammenhang an jene "traumhaften" Quadratmeterpreise, die der digitale Textildruck in seinen Anfangsjahren erzielen konnte.
Kinderkrankheiten
Der erste große Drucksystemehersteller, der in das Geschäft mit "3D-Druckern" eingestiegen war, ist Hewlett-Packard. In den Jahren 2010 bis 2012 hatte sich der US-amerikanische IT-Konzern mit dem israelisch-amerikanischen Hersteller Stratasys verbündet. Daraus entstanden zwei Geräte unter den Namen HP Designjet 3D und HP Designjet Color 3D, die heute nicht mehr lieferbar sind. Nun will HP einen zweiten Versuch starten.
Konzernchefin Meg Whitmann hat es sich unlängst nicht nehmen lassen, den Vorstoß persönlich anzukündigen: „3D-Drucker stecken noch in den Kinderschu-hen. Es ist eine große Chance, und wir sind da sehr engagiert. Wir werden Mitte des nächsten Jahres etwas fertig haben.“
Allerdings ist Geduld gefragt, denn nach wie vor sind leistungsfähige "3D-Drucker" in der Anschaffung nicht eben günstig, ebensowenig das Material, dessen Vielfalt und Auswahl noch viel zu wünschen übrig lässt. Zudem produzieren die aktuell gängigen Geräte zuweilen quälend langsam. Whitmann hat es so beschrieben: „So eine Flasche zu drucken, kann acht bis zehn Stunden dauern. Das ist alles sehr interessant, aber es ist wie dabei zuzugucken, wie Eis schmilzt.“
Dass diese Kinderkrankheiten bald der Vergangenheit angehören werden, zeichnet sich ab. Der "3D-Druck" ist eben kein Hype-Hirngespinst, sondern eine veritable Revolution der Fertigungstechnik. Zwar wird dieses Verfahren derzeit noch eher im Umfeld von CAD-gestützten Laserschneidern, Fräsen oder Spritzgussmaschinen gesehen, neue Impulse haben aber bislang nur den wenigsten Branchen geschadet. Richtig wäre es, so die Initiativpartner, den "3D-Druck" jetzt neben dem Hoch-, Flach- und Digitaldruck als vierte Säule in den Kanon der Drucktechnologien aufzunehmen. Mit allen Konsequenzen. An den Hochschulen, in der Berufsausbildung, in den Verbänden und vor allem in den Betrieben.
Online-Druckereien bedrucken mittlerweile Christbaumschmuck und Kaffeedosen individuell. Deshalb sei es nur konsequent, bestimmte Gegenstände künftig auch nach Kundenwunsch herzustellen, zumal Infrastruktur und Fachkräfte bereits vorhanden sind. Eine nachhaltige Erlösperspektive sei gegeben. Die Geschäftsmodelle müssten jetzt erarbeitet werden - denn nur wer sät, wird auch ernten. Was geht, zeigt ein Blick auf die Entwicklung der Stratasys-Aktie. Vor zehn Jahren konnte ein Anteilsschein für 7,58 US-Dollar erworben werden. Heute kostet er mehr als 114 und ein Ende der Rallye sei noch lange nicht in Sicht.
Marktüberblick
Für den Einstieg in den "3D-Druck" und das Sammeln erster Erfahrungen bedarf es zunächst einmal wenig. Bausätze und Einstiegsgeräte gibt es schon für rd. 300 Euro, Profigeräte ab 3000 Euro. Bei Letzteren für die industrielle Fertigung ist zudem eine Preiserosion festzustellen. Analog zu den 2D-Druckmaschinen haben sich auch im 3D-Bereich drei Geräteklassen heraus kristallisiert: für den Heimanwender, für Profis und für industrielle Anwendungen. Rund zwei Dutzend Hersteller weltweilt bieten derzeit Lösungen für den Drucksaal an. Die meisten wurden vom Rep-Rap-Projekt, das ursprünglich von Adrian Bowyer (Professor für Evolutionsforschung an der englischen Universität Bath) ins Leben gerufen wurde, inspiriert.
Rep-Rap steht für Replicating-Rapid-Prototyper und ist eine "3D-Druckmaschine", deren Bauplan Bowyer unter einer GNU-General-Public-Lizenz veröffentlicht hat, mit dem Ziel, eine möglichst weite Verbreitung zu erreichen. In diese Fußstapfen treten Anbieter wie Ultimaker und Makibox. Auch der bekannteste amerikanische "3D-Drucker"-Hersteller Makerbot aus New York war ursprünglich eine gemeinnützige Organisation. Seit Juni ist dieses Unternehmen eine Tochtergesellschaft von Stratasys und das aktuelle "3D-Druckermodell" Replicator 2 hat im Gegensatz zu früheren Modellen mit Open Source nichts mehr zu tun.
Auch der englische Hersteller Bits From Bytes wurde aufgekauft. Das Unternehmen startete mit dem "3D-Drucker" Rap-Man, einer kommerziellen Version der Open-Source-Hardware Rep-Rap Darwin. 2010 wurde das Unternehmen vom Branchenprimus für den Privatsektor, dem amerikanischen Konzern 3D Systems, übernommen. Die Firma aus South Carolina strotzt derzeit, wie es heißt, vor Kraft. Die derzeitigen Forschungs- und Produktionsressourcen am Hauptsitz im Waterford Business Park von Rock Hill seien ausgeschöpft, 3D Systems plant deshalb einen Neubau für bis zu 133 neue Mitarbeiter.
Weltmarktführer im Profisektor ist Stratasys. Der Konzern hat zwei Hauptsitze in Eden Prairie (Minnesota, USA) und Rehovot (Israel) sowie sechs Niederlassungen, darunter in Rheinmünster bei Baden-Baden. Das Angebot reicht von günstigen Desktop-"3D-Druckern" bis hin zu großen Produktionsystemen. Stratasys bietet mit rd. 150 Fotopolymeren und Thermoplasten auch die größte Vielfalt an Spezialmaterialien.
Weltmarktführer für industrielle Anwendungen im Bereich des Lasersinterns ist die Eos GmbH aus Krailling bei München. Das von Dr. Hans J. Langer und Dr. Hans Steinbichler 1989 gegründete Unternehmen beliefert Firmen wie MTU, EADS, Daimler und BMW mit "3D-Druckmaschinen" für die Produktionshallen. Die Volksrepublik China fördert ihre Industrie in Gestalt der 2003 gegründeten Tiertime Technology Co. Ltd in Peking, die Geräte unter dem Namen Inspire herstellt. Kurzum: Ob hochwertige Endprodukte, Unikate oder Kleinserien – die Leistungsfähigkeit der "3D-Drucker" reicht bereits aus, um viele denkbare und noch nicht gedachte Anwendungen zu realisieren.
Ein Prinzip, viele Verfahren
Der "3D-Druck", auch "Rapid Prototyping" oder "Additive Manufacturing" genannt, funktioniert nach dem Schichtbauprinzip, einem additiven Verfahren, d.h. die zu "druckenden" Objekte werden Schicht für Schicht aus einem oder auch mehreren flüssigen oder auch pulverförmigen Werkstoffen aufgebaut. Dabei finden chemische und/oder physikalische Härtungs- und/oder Schmelzprozesse statt, weshalb die typischen Werkstoffe für das "3D-Drucken" Kunstharz, Kunststoffe, Metalle, Keramik sowie Papier sind.
Die Hersteller nutzen derzeit eine Reihe von Verfahren, die im Prinzip ähnlich sind und sich nur durch einige wenige, patentierte Variationen unterscheiden. Die wichtigsten Verfahren sind das selektive Laserschmelzen, das Elektronenstrahlschmelzen für Metalle, das selektive Lasersintern für Kunststoffe, die Stereolithografie, das Digital Light Processing, das Polyjet-Modeling für Fotopolymere sowie das Fused Deposition Modeling für Thermoplaste. Die meisten "3D-Druckmaschinen" verarbeiten nur einen Werkstoff oder eine Werk-stoffmischung mit einem Verfahren. Versuchsweise wurden aber schon kombinierte Verfahren und das "Drucken" von Kunststoffen in unterschiedlichen Härtegraden und Farben erprobt.
Stratasys hat sich eine Variante der Schmelzschichtung, die FDM-Technologie (Fused Deposition Modeling), patentieren lassen. Hierbei werden feine, halbflüssige Stränge aus dem thermoplastischen Kunststoff Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) geschmolzen und dann mit einer Spritzdüse Schicht für Schicht zum fertigen Objekt geformt. Bei der Polyjet-Technologie kommen Fotopolymere zum Einsatz, die unter UV-Licht unmittelbar aushärten und sich nicht mehr von im Spritzgussverfahren gefertigten Produkten unterscheiden lassen.