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(20.12.2017 / sbr)

Rieco in Altenburg feiert 25-jähriges Jubiläum

"Nichts ist so beständig wie der Wandel." Nirgendwo gilt diese Erkenntnis des antiken Philosophen Heraklit heutzutage mehr als in der Wirtschaft. Doch wie reagieren Unternehmen in unruhigen Zeiten? Nicht zaghaft verharren, sondern überlegt zupacken – das ist das Motto, nach dem die Druckerei Rieco schon in siebter Generation ihre Geschäfte führt.

Aktuell gilt dieses Motto für den Aufbruch in die digitale Welt genauso wie für die Expansion des Pfälzer Mittelständlers in das thüringische Altenburg vor 25 Jahren. Es ist ein kalter Winter 1991/92, als in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die größte Druckmaschine des Grünstadter Unternehmens abgebaut und auf zwei Lkw verladen wird. Bei wildem Schneetreiben bricht sie auf, 500 Kilometer gen Osten zu fahren, wo sie schon sehnlichst von einer Handvoll Menschen erwartet wird. Sie bauen die Anlage mit viel Sorgfalt wieder zusammen und sieben Tage später ist es dann so weit: Das allererste Formular - ein Notfallschein zur Behandlung von Patienten in der Notfallambulanz - läuft aus der Presse. Im Lauf der Zeit soll die nach Altenburg verpflanzte mehrbahnige Flexodruckmaschine noch etliche Tonnen Rezepte, Krankmeldungen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen drucken, denn: Bereits Anfang der Neunziger Jahre ist Rieco Spezialist für Gesundheitsvordrucke.

Das Abenteuer Altenburg beginnt für Fritz Emrich, den damaligen Rieco-Geschäftsführer, schon 1990. Sein Antrieb? Über den Fall der Berliner Mauer, die er und seine Frau Gabriele, eine gebürtige Leipzigerin, "über 40 Jahre auf der Seele" gehabt hatten, sind beide überglücklich: "Für meine Frau war die deutsche Wiedervereinigung das größte Geschenk." Emrich ist aber auch Unternehmer durch und durch. Sofort nach der Wende expandieren einige seiner großen Kunden wie zum Beispiel der AOK BV Bad Godesberg nach Osten. Plötzlich gibt es hunderte neuer Kfz-Zulassungsstellen – eine Zielgruppe, für die Rieco im Westen ein starker Anbieter von Vordrucken und dem damaligen Aktensystem ofa ist. Es herrscht Aufbruchstimmung, die Menschen sind vom Umbruch beflügelt, packen an. Selbst die Behörden handeln unbürokratisch und unterstützen junge Unternehmen nach Kräften. Allerdings: Der Osten ist weit entfernt vom heimatlichen Grünstadt, eine Neugründung würde Etliches an Investitionen, Zeit und Kraft vom damals 58-Jährigen Pfälzer fordern. Soll er wirklich voll ins Risiko gehen? Emrich hat ein feines Gespür für Chancen, ist ein geborener Netzwerker und Verhandler. Er reist emsig durch die neuen Länder, spricht mit vielen Menschen und schaut sich Standorte an. Schnell wird ihm klar: Mit einem Engagement im Osten kann er einen "Gürtel" in der Mitte Deutschlands besetzen und vor allem dort sein, wo die Kunden ihn brauchen. Er kann neue Arbeitsplätze schaffen, so zum Aufbau Ost beitragen und sogar Rieco als Ganzes stärken, denn: Im Falle einer Havarie beispielsweise kann ein Standort sofort für den anderen einspringen. Auch die Nähe zu Berlin und den dortigen Gesundheitsspitzenverbänden spricht für eine Niederlassung im Osten.

Im Mai 1990 landet Emrich in Altenburg und ist auf Anhieb begeistert vom reichen Kulturerbe der Stadt und von der kommunalen Unterstützung. Die Wirtschaftsförderung der "Skatstadt" meldet sich im Sommer 1991 bei ihm. Eine leere Halle in einer Likörfabrik stehe zur Vermietung. Emrich fackelt nicht lange, reist sofort nach Thüringen, verhandelt mit dem Vermieter und baut das Objekt zur perfekten neuen Heimat der Flexodruckmaschine um. Am 24. Februar 1992 ist es dann so weit: "Die Rieco in Altenburg beginnt zu atmen."

1992 bis 1994: Bereit zum zweiten Sprung

In den folgenden Jahren entwickeln sich die Geschäfte des Familienunternehmens sowohl im Osten als auch im Westen exzellent. Bei der Markteinführung neuer, hochwertiger Formulare für Arztpraxen gelingt es Rieco 1994, durch die erfolgreiche Belieferung ausgewählter Testgebiete in der Gesundheitsbranche noch bekannter zu werden. Ein Umsatzturbo ist geboren. Jedoch: Mit der alten Flexodruckmaschine ist die neue Formularqualität nur über Umwege zu erreichen. Obwohl der Formularmarkt insgesamt schrumpft, geht Emrich ein neues Wagnis ein: Er bestellt eine für damalige Verhältnisse riesige, maßgeschneiderte Mehrbahnen-Offsetdruckmaschine, die hohe Auflagen schnell druckt und extrem wenig Papierabfall produziert. Weil der Platz in der Likörfabrik nicht ausreicht, zieht er kurzerhand einen komplett neuen Standort hoch. Nach einer Rekordbauzeit von vier Monaten zieht Rieco in Altenburg am 19. Juli 1994 in den neuen Firmensitz auf dem Weißen Berg.

Die mutige Entscheidung erweist sich als goldrichtig, denn: Während zeitgleich gegründete Ableger großer Westdruckereien wieder nahezu komplett vom Markt verschwinden, kennen Umsatz und Mitarbeiterzahl bei Rieco in Altenburg immer nur eine Richtung: nach oben. So klettert zwischen 1992 und 1996 der Umsatz von 941.000 Euro auf mehr als zwei Millionen Euro; das Team wächst von knapp sieben auf zwölf Mitarbeiter. "Unser Ziel war es nie, schnelles Geld zu machen und dann zu verschwinden. Wir haben eine langfristige Perspektive und einen langen Atem", betont Fritz Emrich. 2010 investiert Rieco erneut kräftig: Für rund eine Million Euro wird die Halle auf dem Weißen Berg um 25 Prozent verlängert und ein zweistöckiger Kopfbau für Verwaltung sowie für Vor- und Endstufe der Produktion gebaut.

Heute: Spezialist für Gesundheitsformulare

Heute steht Rieco auch in Thüringen glänzend da: 20 Mitarbeiter erwirtschaften einen Umsatz von über vier Millionen Euro pro Jahr. Tatsächlich ist die Betriebsstätte in Altenburg eine wichtige Werkbank der Rieco-Gruppe und ein starker Umsatzbringer. Mehr als 40 Prozent des Gesamtumsatzes des Unternehmens werden hier erzielt. Die Formulardruckerei liefert klassische Printprodukte und digitale Lösungen für verschiedenste Player im Gesundheitswesen und hat sich dort eine exzellente Reputation erarbeitet. "Im Bereich der Krankenkassen beispielsweise liefern wir alle Standardformulare der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in der aktuellen Fassung in beliebiger Menge innerhalb von drei Arbeitstagen an jeden Ort in Deutschland", erklärt Prokuristin Kornelia Neumann. Vertragsärzte der Kassenärztlichen Vereinigungen in Thüringen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Hessen bestellen entweder direkt bei Rieco oder über die Kassenärztliche Vereinigung sämtliche Gesundheitsvordrucke, die eine Praxis benötigt. Dazu gehören zum Beispiel Überweisungsscheine, Röntgenpässe, U-Hefte für Kinder, Einweisungsformulare, Verordnungen für Therapien, Beförderungsscheine, Broschüren, Poster und vieles mehr. Pro Tag verlassen durchschnittlich 300 Pakete das Rieco-Lager in Richtung Arztpraxis, in Zeiten einer Stichtagsumstellung sogar bis zu 700 Pakete. 80 Prozent machen diese beiden Umsatzsäulen aus. Die restlichen 20 Prozent entfallen auf Druckerzeugnisse für ein regionales Einzelhandelsunternehmen (beispielsweise Tragetaschen, Auszeichnungsetiketten, Rollenetiketten), Krankenhäuser und Kliniken (beispielsweise Pflegedokumentation, Anforderungsbelege für Laborleistungen, Dokumentation von Operationen/Narkosen) sowie medizinische Labore (beispielsweise Barcode-Etiketten zur Probenkennzeichnung).

Tief in die Probleme des Kunden einsteigen

Fritz Emrichs Vision ist Wirklichkeit geworden. Rieco hat sich nach eigenen Angaben zu einem der drei großen Formularanbieter im Gesundheitswesen entwickelt. Sein Erfolgsrezept? Handwerklich sauber arbeiten, tief in die Probleme des Kunden einsteigen und von dort aus Lösungen entwickeln, die echten Nutzen bringen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Blankoformularbedruckung – ein Projekt, bei dem der Senior die zündende Idee hatte. Ende der 90er Jahre soll die Vielfalt der Praxisvordrucke auf zwei Blätter reduziert werden. Emrich überzeugt den Spitzenverband der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung davon, dass dieses Blanko ein Sicherheitspapier sein muss. Bis heute hat es 40 Prozent der konventionellen Formulare ersetzt und ist ein Bestseller bei Rieco. In Altenburg wird es in hoher Auflage gefertigt und an die Arztpraxen geliefert. Auf dieses leicht rosafarbige Sicherheitspapier druckt die Sprechstundenhilfe dann vor Ort die benötigten Gesundheitsformulare, deren digitale Vorlagen ebenfalls aus Altenburg kommen und dort auch verwaltet werden.

Die Zukunft: Chancen der Digitalisierung knacken

Das Lebenswerk des Vaters hat der Sohn 2003 übernommen. Das Optimieren, Konzipieren und Lancieren neuer Produkte liegt ihm im Blut. "Hinter jedem bedruckten Papier stecken Nutzen und Abläufe, die wir für unsere Kunden maximieren möchten. Deshalb hinterfragen wir die Prozesse immer wieder und erarbeiten so durchdachte Lösungspakete rund um den Druck." Dieses konzeptionelle Denken hilft dem früheren Unternehmensberater, seine Firma für die Zukunft fit zu machen. Denn die Digitalisierung macht auch vor seiner Branche nicht halt. "Wir sind eine der letzten Formulardruckereien in Deutschland und wollen auch in 20 Jahren noch stark am Markt vertreten sein", sagt der 41-Jährige. Der Schlüssel zum Erfolg liegt für ihn darin, die Chancen der Digitalisierung zu knacken. Folgerichtig trifft der in Kürze dreifache Familienvater mit dem Produkt Innopost 2013 den Nerv der Zeit. Kunden wie die Stadtwerke Pirmasens und viele weitere Versorgungsunternehmen, Behörden und andere senden ihre postalischen Daten verschlüsselt in das Sicherheitsdruckzentrum von Rieco. Dort werden die Briefe ausgedruckt, kuvertiert, frankiert und portooptimiert versendet. Mehr als 50 Prozent an Prozess- und Materialkosten können Unternehmen durch die Auslagerung ihrer Ausgangspost an Rieco einsparen.

Emrichs neuester Coup: Coupinos

Emrichs neuester Coup geht aber noch einen Schritt weiter, denn: "Die Umwälzungen durch die Digitalisierung sind epochal." Was die Nutzung betrifft, hat das Smartphone den Desktop und Laptop schon 2016 überholt. Seine Überlegung: Wer als Firma auf den mobilen Endgeräten nicht präsent ist, der existiere in den Köpfen vieler Endverbraucher schlichtweg nicht mehr. Dennoch scheuen viele Unternehmer häufig den kostspieligen Weg, eine eigene App zu entwickeln und sie am Markt zu platzieren. Genau hier setzt Coupinos an – ein digitaler Schaufensterbummel durch die Region, der Konsumenten und Gewerbetreibende zusammenbringt. Jeden Monat bieten lokale Läden, Restaurants, Handwerker und andere Geschäfte spannende Goodies, Schnäppchen, Sparpreise oder andere Bonusaktionen an. Will der Kunde diese Gutscheine nutzen, löst er die sogenannten Coupinos einfach vor Ort per Knopfdruck über sein Mobiltelefon ein. Den Lokalspirit belebt außerdem der Newsticker von Coupinos. Hier können Gemeinden, Vereine, Kirchen und Touristiker kostenlos Meldungen zu offiziellen Terminen, Straßensperrungen, Beratungen, Konzerten, Festen oder Ausstellungen einstellen.

Von diesem Konzept profitieren alle Gruppen: Der Handel erreicht bestehende und neue Kunden auf "smartem" Weg. Smartphone-Nutzer entdecken interessante Konsumangebote vor Ort, was auch die Stadt lebendiger macht. Unter dem Motto "Eine App – viele Vorteile" hat Rieco kürzlich Coupinos im ersten Schritt am Standort Grünstadt gelauncht und auch in Altenburg sowie vielen anderen Städten Deutschlands soll Coupinos bald an den Start gehen. Für Emrich schließt sich dadurch der Kreis: "Vor 25 Jahren wagte Rieco mit alten Produkten den Sprung in einen neuen Markt. Heute wagen wir im alten Markt den Sprung hin zu neuen Produkten."