Wie wird sich im Konsumgütergeschäft der Point of Sale verändern? Welche Herausforderungen bringt die Forderung der Politik hinsichtlich nachhaltiger Verpackungen mit sich? Und welche Auswirkungen haben Digitalisierung und Automatisierung auf den Verpackungsdruck? Ein hochkarätig besetztes Expertengremium mit zahlreichen Podiumsgästen aus internationaler Verpackungsunternehmen, Branchenverbänden sowie dem Handel und dem Technologiebereich suchte anlässlich der Feierlichkeiten zum 175-jährigen Jubiläum der Heidelberger Druckmaschinen AG (Heidelberg) in Einzelvorträgen und Paneldiskussionen Antworten auf diese und ähnliche Fragen. „Packaging Tomorrow“ lautete das Motto – wie sieht der Verpackungsdruck von morgen aus?
Verändertes Einkaufsverhalten und zunehmend heterogene Käufergruppen fordern auch den Verpackungsdruck heraus
„Den“ Konsumenten per se gibt es längst nicht mehr, waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Podium einig. Tiefgreifende wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen haben auch den Point of Sale erfasst und fest im Griff. Die Gesellschaft werde zunehmend heterogener. So driften in Europa die Bedürfnisse und das Kaufverhalten der aktuellen Rentengeneration und „Generation Z“ immer weiter auseinander. Der klassische Wocheneinkauf sei auf dem Rückzug, eingekauft werde häufiger, dafür in kleineren Einheiten und oft spontan. Die Entscheidung über Kauf oder Nichtkauf falle ebenso immer öfter spontan direkt am Regal. „Der Moment der Kaufentscheidung ist der ‚Moment der Wahrheit‘. Und die Wahrheit bestimmt immer mehr die Aufmachung der Verpackung“, hieß es aus der Expertenrunde. Häufig stünden eben nicht Qualität oder Preis im Vordergrund, sondern die emotionale Ansprache über die Verpackung. Konsumgüterhersteller trügen ihren Wettbewerb daher verstärkt über die Verpackung aus. Deren Bedeutung steige zusätzlich dadurch, dass weltweit die Treue gegenüber bestimmter Marken immer mehr nachlasse und stattdessen eine wachsende Bereitschaft zum Wechsel zu einem anderen Anbieter erkennbar sei.
Starker Wettbewerbsdruck, impulsive Kaufentscheidungen, hohe Wechselbereitschaft – am Point of Sale mit kreativen und innovativen Verpackungen für Aufmerksamkeit zu sorgen werde für Konsumgüterhersteller immer wichtiger. Mit diesen Herausforderungen wüchsen zugleich auch die Anforderungen an die Druckindustrie, so die Botschaft. Verpackungen würden nicht nur immer aufwendiger, zugleich verkürzten sich die Innovationszyklen. In Verbindung mit kleineren, dafür häufigeren Einkäufen veränderten sich auch die Bestellmengen und die Bestellzyklen: die Losgrößen würden kleiner, die Taktungen dafür enger. Verpackungsdrucker würden sich also immer stärker auf noch häufigere Auftragswechsel einstellen müssen. Bei der Gestaltung von Verpackungen werde es eine wichtige Aufgabe sein, gerade die junge Generation wieder zurück an den Point of Sale im stationären Handel zu bringen. Die Jungen kauften nämlich in hohem Maße über das Internet ein, wo die Verpackung für eine Kaufentscheidung eine eher untergeordnete Rolle spiele.
Gesetzliche Vorgaben für mehr Recycling und weniger CO2 erfordern ganzheitliche Lösungen
Weltweit werden unzählig viele meist bedruckter Verpackungen im Wert von mehr als 1 Billion US Dollar in Verkehr gebracht. Etwa ein Drittel davon besteht aus Papier. Studien besagen, dass bis zum Jahr 2030 der Wert an nachhaltigen Verpackungen auf rund 520 Milliarden US Dollar steigen soll. Allein schon durch ihre enormen Mengen haben Verpackungen daher beträchtliche Auswirkungen auf die Umwelt. Faltschachtelproduzenten, deren Produkte innerhalb der Europäischen Union auf den Markt kommen, sehen sich mittelfristig besonderen Herausforderungen gegenüber: nach der EU-Verpackungsverordnung sollen bis zum Jahr 2030 alle Verpackungen recycelbar sein. Dadurch soll auch ihr CO2-Ausstoß deutlich sinken.
Einig waren sich die Teilnehmer des Symposiums darin, dass dies die Chancen für Verpackungsdrucker einerseits befeuern werde, andererseits sie diese Herausforderung aber auch nicht allein bewerkstelligen können. Stattdessen müsse es gemeinsame Lösungsansätze aller Beteiligten entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Produkts „Verpackung“ geben. Dies schließe nicht nur die Hersteller von Bedruckstoffen wie Papier oder Folien ein, sondern auch die Produzenten von Druckfarben, Lacken oder Klebstoffen. Miteinbezogen werden müssten darüber hinaus am Anfang des Prozesses auch die Verpackungsdesigner und die Konsumgüterhersteller selbst. „Alleingänge machen bei dieser anspruchsvollen Aufgabe keinen Sinn“, hieß es übereinstimmend. Gleichzeitig böten sich allen Beteiligten und damit auch den Faltschachteldruckern große Chancen, zusätzliche Aufträge und zugleich einen wertvollen Beitrag zur Entlastung der Umwelt und zur Erreichung der Klimaziele zu erzielen.
Big Data und Künstliche Intelligenz schaffen die Plattform für den autonomen Verpackungsdruck
„Daten sind der Schlüssel“ lautete die Botschaft der Digitalisierungs- und Automatisierungsexperten auf dem Podium. Waren Faltschachteldrucker früher klassische Handwerker, so wandeln sie sich zunehmend über den Zwischenschritt wachsender Automatisierung hin zu weitgehend autonom arbeitenden Betrieben. Damit sie wie Unternehmen anderer Branchen auch zu „lernenden Organisation“ würden, sei als Grundlage eine starke digitale Datenbasis unerlässlich. Gerade in Zeiten kleinerer Auflagen, häufiger Auftragswechsel, kürzerer Lieferzeiten und dichterer Taktung erleichtere dies eine sichere Planung und die optimale Abwicklung von Druckaufträgen.
Die Instrumente der Künstlichen Intelligenz eröffneten hier noch einmal ganz neue Dimensionen, hieß es aus der Expertenrunde. Eine wesentliche Rolle spielten dabei sogenannte „Digitale Zwillinge“, die reale Produkte und Prozesse 1:1 in einer digitalen Welt abbildeten. Beide Welten tauschten permanent Daten untereinander aus, optimierten so die Abläufe, prognostizierten mögliche Störungen oder gar Ausfälle und steigerten so die Effizienz des Verpackungsdrucks ganz erheblich.
Fazit: Vielversprechendes Potenzial für Faltschachtelproduzenten
Das Symposium „Packaging Tomorrow“ verdeutlichte insgesamt, welche vielversprechenden Geschäftsoptionen sich für Faltschachtelproduzenten aus den globalen Trends zu immer mehr faserbasierten Verpackungen sowie der wachsenden Bedeutung kretiver Verpackungen am Point of Sale ergeben: So lautet das Fazit von Dr. David Schmedding, Vorstand Technologie und Vertrieb bei Heidelberg: „Unser Symposium ‚Packaging Tomorrow‘ hat gezeigt, die Zukunft des Verpackungsdrucks ist hochautomatisiert, autonom, nachhaltig und individuell. Für Faltschachtelproduzenten eröffnen sich dadurch enorme Chancen: Wer in kreative Gestaltung, smarte Automatisierung und umweltfreundliche Lösungen investiert, wird zu den Gewinnern am Markt gehören. Heidelberg ist dazu der richtige Partner an der Seite seiner Kunden.“