Kürzlich trafen sich rd. 150 Fach- und Führungskräfte aus der Druck- und Medienindustrie zum Fachkongress "So geht Zukunft! - Druckindustrie 4.0", der gemeinsam von den Verbänden Druck und Medien sowie u.a. von Heidelberger Druckmaschinen und Print-X-Media Süd durchgeführt wurde.
Die Teilnehmer erlebten Impulsvorträge mit Blicken über den sprichwörtlichen Tellerrand, smarte Innovationen an Heidelberger Druckmaschinen und die Erstellung einer zukunftsorientierten To-do-Liste für die Druckindustrie 4.0. Gastgeber Michael Neugart (Bild), Vorsitzender der Geschäftsführung Heidelberger Druckmaschinen rief in seiner Begrüßung mit einem Zitat von Antoine de Saint-Exupery zur aktiven Gestaltung auf: "Die Zukunft sollte man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen." Dr. Alexander Lägeler, Geschäftsführer des Verbands Druck und Medien in Baden-Württemberg, erläuterte die Position des Verbands: "Wir glauben, die digitale Vernetzung eröffnet Chancen für alle – nicht nur für die Großen der Branche."
Eine Einführung in das Thema "Industrie 4.0" gab Professor Thaler von der Hochschule der Medien in Stuttgart in seinem Vortrag "Worum geht es bei Industrie 4.0? Die Zukunftsmärkte folgen Megatrends". Er spannte den Bogen von der ersten industriellen Revolution hin zur Industrie 4.0, in der durch Produktintelligenz, Big Data und Vernetzung personalisierten Produkte hergestellt werden können. An der Spitze der Nachfragekurve stehen Fotobuch und Fotokalender.
Das richtige Produkt am richtigen Ort zur richtigen Zeit
Torben Schanz, General Manager Medienlogistik bei Star Cooperation, erläuterte den Weg "Vom Drucker zum Kommunikationsdienstleister". Täglich sorgt er dafür, dass Tausende personalisierter Handbücher just-in-sequence an die Montagebänder von Daimler gelangen. Als Schnittstelle zwischen Druckerei und Kunde nutzt sein Unternehmen eigene IT-Lösungen, um sich in Kundenprozesse einzuklinken. Mit Hilfe von Business Intelligence können tagesaktuelle Reportanalysen erstellt werden, die eine verbesserte und noch genauere Zielgruppenfokussierung ermöglichen. Sein Credo: Besetzen Sie die Kundenschnittstelle!
Großen Anklang fand auch der Vortrag von Steffen Setzer, Vice President ppa der Druckerei Laserline, der die Kundenorientierung als entscheidenden Teil der Druckindustrie 4.0 sieht. Seine zentrale Aussage: Es geht um Service 4.0. Das Customer-Relationship-Management-System ist die wichtigste Ressource fürs Druckunternehmen, um das herum z.B. auch unterschiedliche Arten von Shopsystemen zielgruppengenau entwickelt werden können. Sein ganz persönliches Beispiel zum Nutzen von Big Data: In der Metzgerei seiner Familie ist es seit über 120 Jahren Tradition, neben dem Umsatz am Ende des Tages auch das jeweilige Wetter zu notieren. Heute genügt der Metzgerei die Wettervorhersage, um zu wissen, ob für die nächsten Tage zusätzliches Personal benötigt wird.
Die Zukunft schon begonnen
Nach der Mittagspause standen drei Heidelberg-Workshops auf dem Programm: In einem Rundgang über drei Stationen konnten die in Gruppen aufgeteilten Teilnehmer erfahren, was Industrie 4.0 bei Heidelberg bedeutet: Mit dem Smart Print Shop hat die Zukunft schon begonnen.
- Push to Stop: Prozesse wie Auftragswechsel laufen zukünftig komplett autonom ab – der Mensch greift nur ein, wenn notwendig. Im Smart Print Shop zielt Push to Stop auf eine Maximierung der Produktivität ab.
- Big Data als Basis für den Service von morgen: Mehr als 10.000 Druckmaschinen liefern ihre Daten in die Heidelberg Cloud, in der über die passende Analytik z.B. eine optimale Bestandsführung mit perfekten Empfehlungen passender Verbrauchsmaterialien, Serviceteile und Wartungszeitpunkten möglich wird.
- Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Kunde und Heidelberg – Heidelberg Assistant: Über einen personenbezogenen Kundenzugang zur Heidelberg Cloud – den Heidelberg Assistant – hat der Kunde Zugriff auf Experten-Know-how und die volle Transparenz über Performance und Verfügbarkeit seiner Maschinen.
In einem Kurzvortrag zeigte Andreas Aplien von MüllerMartini wie Finishing 4.0 bei Müller Martini heute schon funktioniert. Neue Formen der Produktionsüberwachung ermöglichen ein Produkttracking für Auflage 1 und damit ein Reporting 4.0. Die Integration über Standardschnittstellen wird vereinfacht und repetitive Arbeitsschritte werden reduziert. Finishing 4.0 bedeutet bei Müller Martini vor allem "intelligente" Produktionssysteme für einen sich wandelnden Markt.
Los geht's
Dr. Wolfgang Faisst, Head of Unit and Founder of SAP XM, sieht in der Vernetzung von Big Data, Digital Business Networks und Internet of Things die Möglichkeit zur Schaffung von Innovationen, die ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur sein müssen. Er zitiert einen Grundsatz von Cewe: "Innovation beginnt vor allem im Kopf. Deshalb darf bei uns gerne experimentiert werden." Unterschiedliche Charaktere müssen zusammen Raum für Kreativität erhalten und in einem iterativen Ansatz Ideen kreieren, Prototypen erstellen und wieder von vorn beginnen können.
In der abschließenden Podiumsdiskussion wurden die Kernaussagen der Speaker in einer To-do-Liste für Führungskräfte zusammengefasst:
1. Befragen Sie Ihre Kunden, wie sie ihre Produktion bzw. ihr Marketing verändern werden.
2. Verstehen Sie Ihre Kunden und deren sich ändernde Anforderungen.
3. Lernen Sie von anderen und lassen Sie sich inspirieren.
4. Schaffen Sie die Basis für Industrie 4.0 durch Automatisierung und Vernetzung Ihrer Prozesse und Produkte.
5. Sorgen Sie für IT-Kompetenz in Ihrem Unternehmen.
6. Entwickeln Sie Innovationen. Prüfen Sie Ihre Strukturen. Verändern Sie sie. Nutzen Sie dabei Methoden wie Design Thinking oder Rapid Prototyping.
7. Haben Sie Mut beim Experimentieren: Denken Sie groß!