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(08/07/2015 / saj)

Die buntesten Stoffe kommen aus dem Drucker

Digital bedruckte Stoffe sind gefragt. Die Viscom nimmt das Thema unter die Lupe. Die internationale Fachmesse für visuelle Kommunikation findet vom 4. bis 6. November in Düsseldorf statt.

"Ohne Inkjetdruck kann ein Textildrucker in Europa nicht überleben", so bringt man es bei KBC auf den Punkt. Johannes-Peter Horn, Textilchemie-Ingenieur beim Lörracher Stoffdrucker, unterstreicht die Bedeutung des Verfahrens: Bereits jetzt würden zwischen 30 und 50% der gesamten Druckproduktion im Inkjetverfahren gedruckt. Ein enormer Vorteil sei das hohe Tempo, der Druckprozess schrumpfe rein zeitlich auf ein Bruchteil: Vordrucke, Schablonen, mehrere Druckstufen – all das entfalle beim Digitaldruck. 


Gegenüber dem konventionellen Druck biete die digitale Variante noch weitere Vorteile, führt Horn aus: So könnten auch filigrane Designs damit umgesetzt werden. Durch die feinen Farbdüsen sei es möglich, feinste Linien und kleinste Details zu drucken. Sogar Fotos könnten 1:1 übersetzt werden – bei unbegrenzter Farbzahl.

 

Komplett in einer halben Stunde

 

Auch Markenhersteller greifen die Entwicklung im digitalen Textildruck auf oder treiben sie voran – in der Mode wie bei Heimtextilien. Die Firma Bierbaum im westfälischen Borken etwa hat den Digitaldruck vor fünf Jahren aufgenommen, um sich vom Rotationsdruck abzuheben. Ein Teil der Bettwäscheproduktion wird seitdem im hauseigenen Betrieb digital bedruckt. Noch sei der Anteil klein, aber stetig wachsend. Die Vorteile fasst Hans-Dieter Giesen, Mitgeschäftsführer von Bierbaum Wohnen, zusammen: "Mit dem Digitaldrucker können wir abgepasste Motive drucken. Außerdem haben die gedruckten Dessins fotorealistische Qualität und erzielen eine dreidimensionale Wirkung. Und natürlich ist die Farbauswahl riesig!" 


Filigrane Muster in allen Farben, schnell und flexibel umgesetzt – Marc Cain nutzt die Vorteile des digitalen Stoffdrucks schon seit Jahren. Hier ist der Digitaldruck bereits seit rd. 15 Jahren fester Teil der Produktion. 2012 druckte das Damenmode-Label schon auf 20 eigenen Inkjet-Druckern. Für die Designer bedeutet das Verfahren - wie es heißt - eine wesentlich größere Freiheit, denn umsetzbar ist damit fast jeder Entwurf. Außerdem würden die Produktionszeiten gleich um mehrere Tage verkürzt: Während beim Rotationsdruck durch das Anfertigen der Druckschablonen mehrtägige Wartezeiten anfallen, entsteht eine komplett bedruckte Jacke bei Marc Cain in gut 35-minütiger Druckzeit.

 

Einzelstücke aus dem Drucker

 

Aus dem Trend zu Individualität haben die YR Stores ein Geschäftsmodell gemacht (Bild): Am Bildschirm kann der Interessent sein eigenes Design entwerfen und das Unikat noch vor Ort in Stoff umsetzen. Noch schneller läuft die Produktion in den Stores. Und mit klarem Fokus auf Unikate: Kleine und kleinste Losgrößen sind heute digital bedruckbar, da keine Schablonen mehr nötig sind – ein weiterer Vorteil der neuen Drucktechnik. Hinzu kommt, dass Ideen ihren Weg direkt auf den Stoff finden können: Dem Trend zur Individualisierung sind damit keine Grenzen mehr gesetzt. 


In den YR Stores, seit zwei Jahren am Markt, geben digitale Print-Unikate den Ton an, Individualisierung ist das Herz des Geschäfts. Ausgesprochen ergibt das Label "your" – und darum geht es auch: Jeder Kunde, ob Designer oder nicht, kann sein ureigenes Motiv kreieren und vor Ort auf das Shirt oder die Leggings seiner Wahl drucken lassen. Dahinter steht die Londoner Digitalagentur "Luma", bekannt für Shop-Installationen und Event-Konzepte. Aus diesem Kontext heraus stammt auch das Printkonzept, das sich inzwischen in eigenen Pop-up-Stores ausbreitet: Dort stehen Touchscreens, auf denen Fans sich austoben können – eigene Muster entwerfen oder aus dem hauseigenen Fundus komponieren. Ist das Design auf dem Bildschirm fertig, geht es an den Großformat-Digitaldrucker im selben Laden. Innerhalb von Minuten entstehen auf diese Weise Unikate. Und wer es nicht vor Ort schafft, kann sein Shirt sogar per App designen.

 

Wachstumsmarkt

 

Auch jenseits vom Event-Charakter hat sich mit dem digitalen Textildruck eine Alternative zum konventionellen Druck entwickelt. Spiegelt sich das im Markt wider? Branchenexperte Dr. John Provost sieht da durchaus noch Luft nach oben: Der Marktanteil des digitalen Textildrucks liege derzeit bei 2 bis 3%. Verglichen mit dem Rotationsdruck ist die Technik noch erheblich teurer. Noch: Denn für die nächsten Jahre wird vorausgesagt, dass sich das Preisniveau relativ zügig den konventionellen Techniken anpassen wird. Die Tinten würden immer günstiger, die Drucker noch schneller. 


Und so dürfte der Anteil weiterhin rasch wachsen. Zumal, unterstreicht Provost, Umweltaspekte hinzukämen: Konventionelle Druckverfahren bedeuteten einen wesentlich höheren Energie- und Wasserbedarf. Im Vergleich zum herkömmlichen Textildruck spart der Digitaldruck also auch Ressourcen – und Zeit ist nur eine davon.