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(08/06/2014 / atz)

"Im Siebdruck-Prozess ist Potenzial zu heben"

Neue Medien, neue Technologien und eine Verschiebung der Märkte haben die deutsche Druck- und Papiertechnik verändert. Die Unternehmen dieser Branche stellen sich den Herausforderungen und erkennen immer mehr auch die Chancen dieser Veränderung. Der VDMA stellt in einer Interview-Serie einige Unternehmen vor.

Die Maschinenbau Gerold GmbH & Co. KG ist auf automatisiertes Handling und das Bedrucken von Glas spezialisiert. Nachdem mit der Photovoltaik der umsatzstärkste Markt eingebrochen ist, befindet sich das Nettetaler Familienunternehmen in einer Phase der Neuorientierung. Laut Geschäftsführer Harald Firmenich ist das Know-how rund um Automation und Drucktechnik gefragt. Gerade auch im Siebdruck sei einiges Potential zu heben.

Herr  Firmenich, zeichnen Sie für jene Leser, die Gerold nicht kennen, doch bitte kurz die Entwicklung des Unternehmens seit der Gründung 1968 nach.

Harald Firmenich: Gerne. Gestartet als Kleinunternehmer hat Wolfgang Gerold den Betrieb zügig zum Sondermaschinenbauer für die Glasindustrie entwickelt. Mit einem namhaften Autoglashersteller in der Region fand man den ersten Großkunden, für den Gerold Lösungen für das Glashandling und dann auch das Bedrucken von Glas entwickelt hat. Dazu gehören zudem Siebdruckmaschinen, die beispielsweise den schwarzen Rand um Automobilglasscheiben auch die Antennen und Heizdrähte aufdrucken. Unsere Anlagen arbeiten auf allen Kontinenten – überall wo Autos produziert werden. Das ist bis heute eine tragende Säule unseres Geschäfts.

Gibt es weitere Säulen?

Firmenich: Natürlich. Der Abnehmerkreis ist häufig in der Glasindustrie zuhause. Aus dem Siebdruck- und Handling-Know-how haben wir viele weitere Anwendungen bis hin zur Photovoltaik abgeleitet, in der unser Flachglas-Handling und Prozessintegration gefragt war. Da aus diesem Markt kaum noch Nachfrage besteht, müssen wir uns als Unternehmen – wie viele andere auch – neu orientieren.

Wie gehen Sie das an?

Firmenich: Es ist gut, dass wir beim Autoglas und in anderen Bereichen am Ball geblieben sind. Das gibt ein Stück Sicherheit. Wir haben unsere Kompetenzen analysiert und als Ergebnis die Programmbreite im Siebdruck erhöht.

Eine Ihrer Kompetenzen liegt in der Drucktechnik. Wo steht Gerold hier und wie schätzen Sie die Potenziale ein?

Firmenich: Wir waren im Siebdruck auf Flachglas lange auf die Größe von Autoscheiben beschränkt. Vor ca. zwei Jahren haben wir die Marke Fleischle übernommen, die auf den Siebdruck von bis zu 6 x 3,3 m Bauglas spezialisiert ist. So decken wir jetzt auch Anlagen zum Bedrucken von Badezimmertüren und Architekturgläsern für Fassaden ab. Sehr breit aufgestellt sind wir auf gutem Wege, die Marke Gerold neu zu positionieren. Wir sind ein Automatisierer, der sehr spezielle Verbindungs- und Automatisierungstechnik sowie Druckapplikationen beherrscht, sei es nun auf Flach- oder Hohlglas, auf Kunststoffen, Metallen oder Keramik.

Sind Sie dabei auf Siebdruck gebucht?

Firmenich: Nein. Unsere Entwicklung beschäftigt sich natürlich marktorientiert auch mit anderen Druckverfahren, u.a. mit Digitaldruck. Auch wenn dieser an Bedeutung gewinnt, bleibt Siebdruck das wichtigere der beiden Verfahren. Unsere Analysen und Recherchen zeigen recht eindeutig, dass bei vielen Anwendungsfällen, beim Architekturglas und in mehreren anderen Bereichen Siebdruck die bessere Wahl ist. Denn beim Siebdruck ist die Farbqualität und Deckkraft besser und insbesondere in der  Massenproduktion ist er schlichtweg günstiger.

Wo stehen Sie im Siebdruck?

Firmenich: Beim Autoglas kommt alle 7 Sekunden eine bedruckte Scheibe aus unseren Anlagen. Wir setzen auf hohe Verfügbarkeit und hohen Durchsatz, ob als Schnellläufer oder durch innovative Einrichtsysteme. So ein 7-Sekundentakt setzt enormes Know-how voraus. Handling, exaktes Ausrichten von Scheibe und Sieb mithilfe von Lasertechnik, das Applizieren und Trocknen der Farben in mehreren Stufen oder auch das große Thema der Inline-Qualitätskontrollen.

Sehen Sie Potentiale für den Siebdruck?

Firmenich: Der eigentliche Druckprozess ist weit entwickelt. Es sind unter anderem durch die Viskosität der Farben auch gewisse Grenzen gesetzt. Doch neben dekorativen Farben können zunehmend auch Funktionsschichten per Siebdruck aufgebracht werden. Das eröffnet neue Möglichkeiten. Daneben gibt es in der Peripherie noch viel Optimierungspotenzial. Gerade die Zu- und Abführung dauert oft noch zu lange. Auch Reinigung, Wartung oder auch der Wechsel der Siebe sind aus meiner Sicht oft unzureichend gelöst. Es kann nicht sein, dass die Drucker dafür auf die Maschine klettern und verschmiert wieder herunterkommen. Die Druckbranche ist das so gewohnt. Aber dadurch ist es nicht richtig.

Was schwebt Ihnen vor?

Firmenich: Als ein erster Schritt in diese Richtung ist unsere Lösung zur Rüstzeit-Optimierung marktreif. Das Einrichten lässt sich in wenigen Minuten von einer Person realisieren. Das Ziel ist die bis hin zur Reinigung voll automatisierte Siebdruckmaschine. Daran arbeiten wir. Und da liegt noch viel Arbeit vor uns – als Unternehmen und als Branche.