NEWS

(03/13/2014 / atz)

Schießen 3D-Druckereien bald wie Pilze aus dem Boden?

Der Blick in die Fachpresse, ebenso wie in Trendmagazine oder Social Media Kanäle macht seit einigen Wochen deutlich: Der Druckbranche steht der Eintritt in eine neue Dimension bevor. In die dritte Dimension, um genau zu sein. Doch ist das ganze eine Innovation mit echtem Nutzwert oder nur ein kurzer, wenn auch schicker Hype?

Frank Manhillen, Geschäftsführer des Druckspezialdienstleisters Manhillen Drucktechnik GmbH mit Sitz in Rutesheim in der Nähe von Stuttgart, beantwortet in einem jetzt veröffentlichten Interview Fragen rund um das Trendthema. Er ist mit seinem Produktportfolio immer dabei, wenn es um drucktechnische Innovationen geht.

Herr Manhillen, können Sie uns zunächst kurz erklären, was es denn mit dem 3D-Drucken überhaupt auf sich hat?

Frank Manhillen: Während klassische Drucker in zwei Dimensionen arbeiten und Druckfarbe flächig aufbringen, arbeiten 3D-Drucker mit Hilfe eines Aufzugs nicht mehr nur in der Fläche, sondern drucken auch Schicht für Schicht in die Höhe. Das ist der wesentliche Unterschied. Hinzu kommt, dass wir im 3D-Druck auch keine klassischen Druckfarben verwenden, sondern ein anderes Material zum Einsatz kommt. Wir werden selbst ab April 2014 einen 3D-Drucker einsetzen und dort vorrangig mit einem Plastikmaterial arbeiten. Aber mit 3D-Druckern lässt sich auch Gold, Silber, Nudelteig, Beton oder menschliches Gewebe verarbeiten.

Das klingt teilweise schon ziemlich nach Science Fiction. Was lässt sich im 3D-Druck heute schon realisieren, was wird die Zukunft an 3D-Druck-Innovationen bringen?

Frank Manhillen: Für Architekten werden im 3D-Druck computergenerierte Ansichtsmodelle von geplanten Industriebauten realisiert, Museen können historische Gebäude nachbilden und ihre Ausstellung dadurch anschaulicher machen. Für die Industrie werden Maschinenbauteile ohne Nahtstellen gefertigt und sogar Musikinstrumente wie Gitarren oder Flöten werden heute schon im 3D-Druck hergestellt. Schmuckdesignern bieten sich ganz neue Möglichkeiten in der Gestaltung und auch in der Spielwarenherstellung können z. B. individuelle Bausteine und Figuren realisiert werden.

Der Medizinbereich ist ebenfalls schon weit über die reine Forschung hinaus gekommen: Anatomische Modelle für Schulungszwecke sind dabei nur eine Anwendungsmöglichkeit. Viel mehr Hoffnung wird in das Drucken von Bein- und Armprothesen und die Nachbildung von menschlichem Gewebe gesteckt. Die Überlegungen gehen aber auch dahin, in der Gastronomie Nudeln frisch nach Bestellung und in individuellen Formen zu drucken oder ganze Wohnhäuser im 3D-Druck mit Beton umzusetzen.

Welchen dieser Bereiche werden Sie mit Ihrem Unternehmen abdecken?

Frank Manhillen: Für Architekturbüros, Bauträger und Museen werden wir mit unserem Drucker 3D-Modelle von Gebäuden anbieten. Parallel bauen wir gerade ein 3D-Fotostudio auf, mit dem wir Personen und Haustiere einem 360°-Scan unterziehen können. Mit einer speziellen Software werden die Daten anschließend nachbearbeitet und schließlich lebensechte 3D-Figuren – zum Beispiel im Maßstab 1:5 oder 1:7 – gedruckt. Wir bringen damit quasi das Familienporträt oder das Hochzeitsfoto in eine neue Dimension und sprechen damit eine Klientel an, die die Exklusivität und das Besondere schätzt. Da wir das Fotostudio so auslegen, dass es mobil ist, können wir die 3D-Fotografie auch vor Ort bei Veranstaltungen anbieten.

Im Gegensatz zu klassischen Offsetdruckmaschinen sind die Anschaffungskosten für einen 3D-Drucker relativ überschaubar. Werden wir also eine Gründungswelle von 3D-Druckereien erleben? Und werden sich einige Branchen wie beispielsweise Architekturbüros nicht selbst einen 3D-Printer kaufen anstatt einen Druckdienstleister zu nutzen?

Frank Manhillen: Nein, das glaube ich trotz des 3D-Druck-Booms nicht. Denn die Anschaffungskosten des 3D-Druckers sind nur das eine. Hinzu kommen noch Verbrauchsmaterialien, die Energiekosten und der Raumbedarf. Viel gravierender ist allerdings, dass spezifisches Know-how erforderlich ist. Und dabei spreche ich nicht von der Beherrschung des Druckers und seiner Features. Bei vielen Anwendungsfällen geht es nämlich in erster Linie um die professionelle Nachbearbeitung und Aufbereitung der Druckdaten, die das Endergebnis des 3D-Drucks gerade bei Figuren aus dem 3D-Fotolabor maßgeblich beeinflussen.

Und dafür kommt spezielle Software zum Einsatz, die im Zusammenspiel mit dem Geschick des Grafikers das Endergebnis weit mehr beeinflusst als die 3D-Druckmaschine selbst. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass ein Großteil der am Markt angebotenen Hardware austauschbar ist. Da man also mit dem Kauf eines 3D-Druckers noch lange nicht zu einer 3D-Druckerei wird, glaube ich nicht, dass 3D-Druckereien jetzt plötzlich wie Pilze aus dem Boden schießen. Und genauso wenig Sinn macht es für Unternehmen, die 3D-Druckleistungen nur ab und an benötigen, ein eigenes Gerät anzuschaffen.

Als zusammenfassendes Statement: Wie ordnen Sie persönlich den 3D-Druck ein?

Frank Manhillen: Alle sprechen mit Blick auf das Internet von einer digitalen Revolution. In der Druckbranche haben wir im Prinzip in den vergangenen 30 Jahren kaum anderes erlebt: Nämlich rasante und immer kürzer werdende Entwicklungszyklen. Sicher erinnern sich noch einige Leser an die 1980er Jahre. Dort haben noch die nervend lauten Geräusche von Nadeldruckern unsere Büros beherrscht und wir waren alle froh, als diese von Tintenstrahl- und Laserdruckern abgelöst wurden.  Und heute schon können wir mit Geräten, die nicht viel größer und teurer als ein Bürodrucker von 1980 sind, Gegenstände kreieren. Für mich persönlich und natürlich auch für uns als Spezialdruckerei ist der 3D-Druck daher nichts weniger als eine drucktechnische Revolution!

Im Bild: Frank Manhillen als 25cm große Kunststofffigur: Solche lebensechten Figuren aus dem 3D-Drucker werden künftig Bestandteil des Portfolios der Manhillen Drucktechnik sein.