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(12/18/2018 / sbr)

Revolution in der Diagnostik

Von hauchdünnen Sensoren, die Körperfunktionen überwachen, bis zum Lab-on-a-chip für den Schnelltest am Krankenbett: Gedruckte Elektronikkomponenten erweitern die Möglichkeiten der medizinischen Diagnostik. Über Neuentwicklungen auf dem Gebiet informiert die LOPEC, internationale Leitmesse und Kongress für gedruckte Elektronik, vom 19. bis 21. März 2019 in München.

Die Ausgaben im Gesundheitswesen steigen von Jahr zu Jahr. Eine kostengünstigere und zugleich schnellere Diagnostik könnte viel Geld sparen, denn je früher gesundheitliche Probleme erkannt werden, umso größer ist die Heilungschance und umso geringer der Behandlungsaufwand. Die LOPEC 2019 rückt daher medizinische Anwendungen von gedruckter Elektronik in den Fokus: Sie informiert über Diagnostik-Chips für die schnelle und aussagekräftige Vor-Ort-Analyse ebenso wie über gedruckte Sensoren, die Gesundheitsparameter überwachen – sei es bei Sportlern, älteren Personen oder Patienten im Krankenbett.

"Dank der rasanten Entwicklung von Materialien und Drucktechniken fungiert die gedruckte Elektronik als Wegbereiter der Dezentralisierung von Diagnostik und Pflege", sagt Dr. Kerry Adams, Market Segment Manager bei DuPont Advanced Materials aus Großbritannien. Adams leitet die Session "Biomedical applications", die am 20. März im Rahmen der Technical Conference des LOPEC Kongresses stattfindet. Als technologiebasierter Lösungsanbieter und "einer der führenden Hersteller von maßgeschneiderten Materialien für die Biomedizin" trägt DuPont entscheidend zum Siegeszug der gedruckten Elektronik in diesem Markt bei. Die in der Medizin verwendeten Werkstoffe haben hohe Standards zu erfüllen: Mit Sensoren bedruckte Folien, die auf der Haut getragen werden, müssen für die Gesundheit unbedenklich sein. Auch das Material eines Diagnostik-Chips zum Nachweis von Bakterien oder anderen lebenden Zellen sollte frei von zelltoxischen Stoffen sein, die das Analysenergebnis verfälschen könnten.

Zu den Highlights der Session "Biomedical applications" zählt der Vortrag von Jaye Tyler, CEO des US-Unternehmens Nissha Si-Cal Technologies. Tyler wird den Entwicklungs- und Fertigungsprozess von gedruckter Elektronik beleuchten, wobei er auf verschiedene Drucktechniken und Fallbeispiele aus der Medizin eingehen wird. Zum Portfolio von Nissha Si-Cal und dessen Tochter GSI Technologies zählen gedruckte Elektroden für Schnelltests auf Blutzucker, Cholesterin und Biomarker bei Herzinfarkt. Das Unternehmen ist darüber hinaus im wachsenden Markt für Mikrofluidik aktiv. Mikrofluidik-Chips, auch als Lab-on-a-chip bezeichnet, sind miniaturisierte Instrumente für die schnelle Vor-Ort-Diagnose, etwa am Krankenbett oder Unfallort. Sie benötigen nur einen Tropfen Probe, meist Blut oder Urin.

Diagnostik im Miniformat

Ein Lab-on-a-chip besteht aus einem strukturierten Kunststoff- oder Glasträger mit feinen Kanälen, winzigen Reaktionskammern, Detektoren und anderen Elementen. Wegen dieser komplexen Strukturierung decken die Chips ein weiteres diagnostisches Feld ab und sind sensitiver als jene Teststreifen, die man zum Beispiel für Drogen- oder Schwangerschaftsnachweise nutzt.

Die ersten derartigen Mikrofluidik-Chips wurden bereits in den 1990er-Jahren aus Silizium und Glas unter Reinraumbedingungen mit der aufwendigen und teuren Fotolithographie hergestellt. Mit Druckverfahren wie der 3D-Inkjet-Technik lassen sich die feinen Chip-Strukturen – die Kanäle und Kammern ebenso wie die Elektronikkomponenten – zukünftig kostengünstiger und ohne zusätzliche Fügeschritte produzieren. Auch eine Kombination aus gedruckter Elektronik und konventionellen Techniken der Kunststoffverarbeitung bietet sich an: Dabei wird der Chip mit den feinen Kanälen und anderen mikrofluidischen Strukturen mit Spritzguss- oder Prägetechniken hergestellt, anschließend druckt man die Leiterbahnen, Leuchtdioden und sonstige Elektronikelemente auf den Chip.

Vielseitige Sensoren

An den Ständen der LOPEC-Aussteller wird deutlich, wie vielseitig die gedruckte Elektronik in der Medizin zum Einsatz kommt. Das Heidelberger Unternehmen InnovationLab beispielsweise zeigte bereits auf der LOPEC 2017 ihren Prototypen für das System OccluSense. Inzwischen ist das Diagnostik-Tool für Zahnärzte, das die Kaudruck-Kontrolle revolutioniert, bereits in Produktion und auf dem Markt erhältlich. Statt auf ein speziell gefärbtes Papier beißt der Patient auf eine Folie mit integrierten Sensoren, die Druckverhältnisse in über 250 Druckstufen erfassen. Ein mobiles Handgerät zeichnet die Daten auf und überträgt sie an eine App. LOPEC-Aussteller Brewer Science wiederum hat einen Feuchtigkeitssensor für das Atemmonitoring entwickelt. Zahlreiche andere Körperfunktionen von der Temperatur bis zur Sauerstoffsättigung des Blutes lassen sich ebenfalls mit gedruckten Sensoren überwachen.

In vielen Bereichen der Medizin und Diagnostik hat sich die gedruckte Elektronik schon etabliert. Ihr Potenzial ist aber noch lange nicht ausgeschöpft. Analysten des Beratungsunternehmen Mordor Intelligence prognostizieren der gedruckten Elektronik im Gesundheitsmarkt bis 2023 ein Wachstum um fast 25 Prozent. Zu den Herausforderungen in der Kommerzialisierung der gedruckten Elektronik zähle, betont Jaye Tyler von Nissha Si-Cal, dass die verschiedenen Akteure im Entwicklungs- und Herstellungsprozess zusammenarbeiten. Hierzu leistet die LOPEC einen entscheidenden Beitrag, denn mit ihrer Kombination aus internationaler Leitmesse und begleitendem Kongress vernetzt sie Unternehmensvertreter und Wissenschaftler aus aller Welt – und das branchenübergreifend über alle Stufen der Wertschöpfungskette von der Forschung bis zur Vermarktung des Endprodukts.