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(05/17/2017 / saj)

Digitalisierung in der Faltschachtelindustrie

Im Rahmen seiner Veranstaltungsreihe "Erfolgreiche Strategien für Faltschachtel-Unternehmen" hatte der Fachverband Faltschachtelindustrie kürzlich zu seiner achten Veranstaltung eingeladen, diesmal nach Lünen/Dortmund zum Thema "Industrie 4.0 in der Faltschachtel­industrie - ein Trend oder bereits Realität?"

Die rd. 40 Teilnehmer aus den Reihen der Mitglieder und Assoziierten hatten anhand der Vorträge und Diskussionen eine Gelegenheit, die Implementation ihrer eignen Digitalisierungs­strategie – sowohl intern als auch entlang der Supply Chain – zu bewerten sowie weitere Chancen und Umsetzungsfelder zu identifizieren. Wie sich zeigte, sind die Voraussetzungen für die hiesige Faltschachtel­industrie dabei durchaus günstig. 


Mit dem starken Maschinen-­ und Anlagenbau und einer weltweit renommierten IT­Kompetenz ist Deutschland wie kein anderes Land in der Lage, die Potenziale der vierten industriellen Revolution zu erschließen. Diese Potenziale zu nutzen, EU-­Rechtsnormen zu setzen und die Gesellschaft für den Wandel in der Produktionswelt zu motivieren und zu sensibilisieren, sind die drei wesentlichen Aufgaben, die es gilt, in den nächsten Jahren zu bewältigen - so das Fazit des Seminars. 


Thematisch deckte es entscheidende Faktoren im Zusammenhang mit Industrie 4.0 ab: So erhielten Teilnehmer zunächst einen Einblick in die Praxis. Beim Besuch des Enterprise Labs des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik konnten sie sich einen Überblick verschaffen, in welcher Form Forscher zusammen mit Unternehmen wie BMW, DB Schenker und Würth für die Industrie 4.0 arbeiten. Gemeinsam mit Würth forscht es z.B. an einem Behälter, der am Ende zu einem sich selbst steuernden Warenfluss führen soll. Angetan zeigten sich die Besucher von den Möglichkeiten eines 3D-Druckers, mit dessen Hilfe z.B. Einzelteile zur Fertigung einer Drohne erstellt worden sind. 


Neben dem Enterprise Labs besichtigten die Seminarteilnehmer das Verpackungslabor des Instituts, in dem Schwachstellen, Einsparpotenziale und die Leistungsfähigkeit von Verpackungen, Ladungsträgern und Ladeeinheiten analysiert und bewertet werden. Zur Eröffnung des Vortragsteils der Veranstaltung begrüßte Wolfgang Strotmeyer, Vorsitzender des Betriebswirtschaftlichen Ausschusses des Verbands, die Teilnehmer. Ernst Stöckl-­Pukall, Leiter des Referats "Digitalisierung" im Bundeswirtschaftsministerium stellte vor, in welcher Form die Bundesregierung die deutsche Industrie unterstützt, um für die Zukunft der Produktion gerüstet zu sein. Dabei wies er auch auf die firmenspezifischen Anwendungsbeispiele auf der Plattform "Industrie 4.0" seines Ministeriums hin. Für Unternehmen können diese Praxisbeispiele eine wertvolle Hilfestellung bei der strategischen Planung von Industrie­-4.0-Projekten bieten. 


Danach knüpfte Dr. Volker Lange vom Fraunhofer­-Institut an die Besichtigung des Enterprise Labs am Vortag an. Er zeigte auf, welchen Beitrag eine intelligent gemachte und vernetzte Logistik für die vierte Revolution bietet. Datenbrille, Auto-ID an der Palette und die App zum sicheren Palettentausch sind nur einige Beispiele, die neue Perspektiven in der Supply Chain bieten. 


Einen Überblick über die rechtlichen Herausforderungen, die mit dem Thema "Industrie 4.0" verbunden sind, gaben Michel Kaminsky und Dr. Reinhard Fischer von Cohausz & Florack. Sie wiesen u.a. daraufhin, dass sich bei vernetzten Systemen (Industrie 4.0) oftmals die Frage der Zuordnung des Geschäftsgeheimnisses zu einem Unternehmen nicht eindeutig beantworten lässt. Nach aktueller Gesetzeslage sollten die beteiligten Unternehmen die Erhebung, den Zugang, die Zuordnung und die Verwertung von Daten vertraglich genau regeln. 


Zum Nachdenken brachte Andreas Reinshagen (Porsche Consulting GmbH) die Zuhörer im Rahmen seines Vortrags durch seine provokative Aussage: "Die Ambitionen der Verpackungsbranche sind riesig, die Kompetenzen gering…" Er belegte dies mit Zahlen aus der Managementumfrage seines Unternehmens letztes Jahr. Drei Viertel der Verpackungsunternehmen äußerten darin die Befürchtung, dass ihr Unternehmen den Marktanteil ohne Digitalisierungsstrategien nicht halten könne. Dennoch beschäftigen sich erst 35% intensiv damit.


Die Vorträge der Referenten von Heidelberg, Bobst, KBA und Optimus rundeten das Seminar ab. Sabine Roob und Jens Gieck (beide Heidelberger Druckmaschinen AG) zeigten auf, welche Softwarelösungen uhr Unternehmen zur Workflow-Integration vom Prepress­- bis zum Postpress­-Prozess anbietet. 


Mathieu Robyr rückte das Thema "Conntected Service at Bobst" in den Blickpunkt. Er zog die Teilnehmer u.a. mit der Live­-Präsentation einer Augmented-Reality­-Anwendung in den Bann. Die Teilnehmer konnten sich mit Hilfe einer Brille einen Eindruck davon verschaffen, welche Möglichkeiten damit, mit Video-Streaming und der direkten Verbindung auf einen Computer eröffnet werden. So können Servicetechniker dem Maschinenbediener vor Ort direkt auf das Display seiner Brille Bedienungs­, Wartungs­ und Reparaturhinweise in verschiedenen Sprachen übermitteln. 


Michael Stürmer (KBA Deutschland GmbH) und Henny van Esch (Optimus Group Ltd.) präsentierten jene Lösungen, die KBA für ein vollvernetztes Druckunternehmen vom Auftragseingang bis zum Warenausgang anbietet. Den Abschluss dieses Vortrags bildete das Thema "Best­-Practice in der Faltschachtelbranche", auf das die Seminarteilnehmer bereits gespannt warteten. Nach der Video-­Präsentation stellten die Zuhörer anerkennend fest, dass die Umsetzung des Themas "Industrie 4.0" bei der Schur Pack GmbH (Gallin) dem Optimum schon sehr nahe käme. 


Wolfgang Strotmeyer dankte in seinem Schlusswort den Referenten und Teilnehmern im Namen des Verbands und gab den Seminarteilnehmern abschließend mit den Weg: "IT ist auf dem Vormarsch, wir können und sollten uns diesem Trend nicht verschließen, doch wir sollten auch darüber nachdenken, wo Platz für den Mensch bleibt."