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(19.10.2021 / sbr)

Funke-Druckereischließung

Das Funke-Druckereizentrum in Erfurt schließt Ende des Jahres. Nun haben sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen Sozialplan für die Mitarbeitenden im Versand geeinigt. Die Thüringer Tageszeitungen werden künftig außerhalb Thüringens gedruckt.

(Ein Beitrag von Karsten Heuke, MDR Thüringen.)

Knapp drei Monate vor dem Aus des Funke-Druckzentrums in Erfurt haben sich der Arbeitgeber und der Betriebsrat auf einen Sozialplan für die Versandmitarbeiter geeinigt. Das bestätigten beide Seiten MDR Thüringen. Bislang hatte es nur einen Sozialplan für die rund 100 Drucker gegeben. Nach Angaben des Betriebsrats der Funke Thüringen Druckservice GmbH profitieren von der jetzt abgeschlossenen Vereinbarung rund 140 Versandmitarbeiter. Die Funke-Mediengruppe will zum Jahresende die einzige Tageszeitungsdruckerei in Thüringen schließen.

Mangelnde Wertschätzung für Mitarbeiter beklagt

Der Betriebsratsvorsitzende Matthias Teutsch sagte MDR Thüringen: „Angesicht der Situation und der zähen Verhandlungen haben wir das Bestmögliche erreicht.“ Um jeden einzelnen Punkt im Sozialplan habe das Verhandlungsteam hart ringen müssen und auch Streik angedroht. „Von Wertschätzung für die über Jahrzehnte geleistete Arbeit der Mitarbeiter haben wir von Funke leider nichts gespürt“, sagte Teutsch. Die Stimmung in der Belegschaft habe einen Tiefpunkt erreicht.

Abfindung und Treueprämie

Vollzeitbeschäftigte Versandmitarbeiter können nun je Jahr Betriebszugehörigkeit mit einer Abfindung in Höhe von 80 Prozent ihres durchschnittlichen Monatsbruttoverdienstes rechnen. Außerdem gibt es eine Treueprämie von bis zu 9.000 Euro. Allerdings wird diese laut Betriebsrat nur gezahlt, sofern eventuelle Kündigungsschutzklagen zurückgezogen werden. Eltern und Schwerbeschädigte erhalten weitere Zuschläge.

Versandmitarbeiter, die weniger als 28 Stunden pro Woche im Druckzentrum gearbeitet haben, profitieren anteilsmäßig. Anders als für die Drucker, ist für die Versandmitarbeiter keine Transfergesellschaft zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt geplant. Matthias Teutsch sagte, die meisten Arbeitsverträge endeten zum Jahresende, für etwa 50 Mitarbeiter erst im Frühjahr 2022. Die Funke-Mediengruppe will die Mitarbeiter mit einer Stellenbörse bei der Jobsuche unterstützen. Ein Sprecher sagte, es gebe dazu „überwältigendes Feedback“ von regionalen Unternehmen, die dringend neue Mitarbeiter benötigten.

Weiter Streit vor dem Arbeitsgericht

Vor dem Arbeitsgericht Erfurt streiten nach MDR Thüringen-Informationen noch mehr als ein Dutzend Versandmitarbeiter mit Funke um Schadenersatz für entgangenen Lohn. Sie fordern einen Nachteilsausgleich wegen der Absenkung ihrer Wochenarbeitszeit, als der Verlag Anfang 2021 überraschend das Anzeigenblatt „Allgemeiner Anzeiger am Mittwoch“ eingestellt hatte.

Tageszeitungsdruck ab Dezember nicht mehr in Erfurt

Ein Funke-Sprecher teilte MDR Thüringen mit, dass Thüringer Allgemeine, Thüringische Landeszeitung und Ostthüringer Zeitung bereits ab dem 1. Dezember 2021 komplett außerhalb Thüringens gedruckt würden. Der Andruck werde „zu einer ähnlichen Zeit wie bisher in Erfurt-Bindersleben“ beginnen. Das Anzeigenblatt Allgemeiner Anzeiger soll noch bis Jahresende in Erfurt-Bindersleben hergestellt werden. Außerdem wurden in Erfurt unter anderem Werbeprospekte und Rätselhefte produziert. Wo genau die Tageszeitungen künftig gedruckt werden, hat Funke nicht beantwortet. Im Gespräch waren Halle, Chemnitz und Braunschweig.

Start 1993 mit Helmut Kohl

Das Funke-Druckzentrum in Erfurt-Bindersleben war im Frühjahr 1993 als eines der europaweit modernsten gestartet. Bundeskanzler Helmut Kohl hatte damals den Startknopf gedrückt. Knapp 30 Jahre später, im vergangenen Herbst, hatte Funke angekündigt, Thüringens einzige Tageszeitungsdruckerei Ende 2021 zu schließen. „Mögliche weitere Nutzungsoptionen der Druckerei in Erfurt“ prüft Funke derzeit. Insgesamt rund 170 Versandmitarbeiter und 100 Drucker verlieren ihre Jobs, auch eine dreistellige Zahl an Leiharbeitern ist betroffen.

Die Druckerei-Schließung hat die Funke-Mediengruppe mit einem veralteten Maschinenpark und den sinkenden Zeitungsauflagenzahlen begründet. Ende 2020 war die verkaufte Auflage von TA, TLZ und OTZ erstmals unter 200.000 gedruckte und digitale Exemplare gerutscht. Außerdem will Funke seine journalistischen Inhalte künftig verstärkt digital verbreiten.